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Osho beschreibt seine Erleuchtung

Wenn du zum ersten Mal die Welt des „No-Mind“ betrittst, sieht es wie Wahnsinn aus

Osho beschreibt seine ErleuchtungIm letzten Jahr vor der Erleuchtung, als ich einundzwanzig war, kam die Zeit eines Nervenzusammenbruchs und die Zeit des Durchbruchs … Zu Hause war ich beinahe abwesend. Allmählich hörte man auf, mir Fragen zu stellen, und allmählich merkten sie gar nicht mehr, dass ich da war. Und ich fand es herrlich, dass ich auf diese Weise zu einem Nichts, zu einem Niemand, zu einer Abwesenheit geworden war.

Dieses eine Jahr war ungeheuerlich. Ich war vom Nichts, von Leere umgeben. Ich hatte allen Kontakt mit der Leere verloren. Wenn mich jemand daran erinnerte ein Bad zu nehmen, ging ich stundenlang ins Bad. Dann mussten sie an die Tür klopfen: „Komm jetzt heraus aus dem Bad! Du hast genug für einen Monat gebadet! Komm raus!“ Wenn man mich daran erinnerte zu essen, dann aß ich etwas. Ansonsten vergingen oft Tage, ohne dass ich etwas aß. Nicht dass ich etwa fastete, ich dachte weder an Essen noch an Fasten. Es ging mir nur noch darum, immer tiefer und tiefer in mich hineinzugehen.

Und diese Tür nach innen war magnetisch, sie zog mich mit unbändiger Kraft an – wie das, was die Physiker heute als schwarzes Loch bezeichnen.

Man sagt: Es gibt in der Existenz schwarze Löcher. Wenn ein Stern zufällig in die Nähe eines schwarzen Loches kommt, wird er hineingezogen. Es ist unmöglich, dieser Kraft zu widerstehen, und in das schwarze Loch zu gehen bedeutet, vernichtet zu werden. Wir wissen nicht, was auf der anderen Seite geschieht. Ich stelle mir vor, das muss allerdings noch von den Physikern bewiesen werden: Was auf dieser Seite ein schwarzes Loch ist, das ist auf der anderen Seite ein weißes Loch. Das Loch kann nicht nur eine Seite haben; es ist ein Tunnel. Ich habe es selbst erfahren. Vielleicht passiert im Universum im größeren Maßstab dasselbe. Ein Stern stirbt. Was wir von ihm sehen können verschwindet.

Aber in jedem Moment werden neue Sterne geboren. Woher kommen sie? Aus welchem Schoss? Es ist eine ganz einfache Rechnung, dass ein schwarzes Loch einfach ein Schoss ist. Das Alte verschwindet darin und das neue wird geboren. Das habe ich in mir erfahren. Ich bin kein Physiker. In jenem Jahr, in dem ich mit ungeheurer Kraft nach innen gezogen wurde, entfernte ich mich immer weiter von anderen Menschen. Es ging so weit, dass ich meinen eigenen Namen vergaß. Ich strengte mich an, aber ich konnte mich nicht erinnern, wie mein Name lautete. Natürlich dachten in diesem Jahr alle, ich sei wahnsinnig geworden. Für mich war dieser Wahnsinn jedoch Meditation und auf dem Höhepunkt des Wahnsinns öffnete sich die Tür.

Man brachte mich zu einem Vaidya, einem ayurvedischen Arzt. Man schickte mich eigentlich die ganze Zeit über zu vielen Ärzten, aber nur ein Vaidya sagte zu meinem Vater: „Er ist nicht krank. Verschwendet nicht eure Zeit:“ Man schleppte mich von einem Ort zum nächsten und viele Leute gaben mir Medizin. Ich sagte ständig zu meinem Vater: „Warum macht ihr euch Sorgen? Ich bin völlig in Ordnung.“ Aber keiner glaubte mir. Sie sagten: „Sei ruhig. Nimm die Medizin, was kann sie schon schaden?“ Und so nahm ich damals alle möglichen Mittel.

Nur dieser eine Vaidya verstand, was los war, sein Name lautete Pandit Bhaghirath Prasad. Dieser Mann ist schon lange tot, er war ein Mann von seltener Weisheit. Er sah mich an und sagte: „Er ist nicht krank.“ Er begann zu weinen und sagte: „Ich selbst habe diesen Zustand immer herbeigesehnt. Mir war es in diesem Leben nicht beschieden. Hört auf, ihn zu Ärzten zu schleppen. Er ist dabei, heimzukommen.“ Und er vergoß Freudentränen. Er war ein Sucher. Er hatte auf seiner Suche das ganze Land von einem Ende zum anderen durchreist. Sein ganzes Leben war ein Suchen und Fragen.

Er konnte sich vorstellen, worum es ging. Er wurde zu meinem Beschützer, einem Beschützer vor anderen Ärzten und anderen Heilern. Er sagte zu meinem Vater: „Überlassen sie ihn mir. Ich werde mich um ihn kümmern.“ Er gab mir nie irgendwelche Medizin. Als mein Vater darauf bestand, gab er mir einfach Zuckerpillen und sagte: „Das sind nur Zuckerpillen. Nur um die Leute zu beruhigen, kannst du sie nehmen. Sie schaden nicht, und sie helfen auch nicht. Denn in diesem Fall gibt es keine Hilfe.“

Wenn du zum ersten Mal die Welt des No-Mind, jenseits des Verstandes, betrittst, sieht es wie Wahnsinn aus: Es ist die „dunkle Nacht der Seele“. Die Nacht des Wahnsinns der Seele. In allen Religionen ist man auf diese Tatsache gestoßen. Deshalb halten sie es für unumgänglich, dass du einen Meister findest, bevor du die Welt des „No-Mind betrittst … Ja manchmal kommt es vor, dass jemand ohne Meister arbeiten muss. Wenn kein Meister da ist, muss man ohne Meister arbeiten, aber dann wird die Reise sehr gefährlich.

Ein Jahr lang war ich in diesem Zustand, indem es praktisch unmöglich zu wissen war, was passierte. Ein ganzes Jahr lang war es sogar schwierig, mich am Leben zu erhalten … Ich musste mich zwingen zu essen, mich zwingen zu trinken. Der Körper existierte für mich gar nicht mehr. Ich musste mir selbst wehtun, um zu spüren, daß ich noch im Körper war. Ich musste mit dem Kopf gegen die Wand rennen, um zu spüren, ob mein Kopf noch da war oder nicht. Nur wenn es weh tat, spürte ich meinen Körper ein wenig.

Jeden Morgen und jeden Abend rannte ich fünf bis acht Meilen. Die Leute hielten mich für verrückt. Warum rannte ich soviel? Sechzehn Meilen am Tag! Ich tat es, um mich zu spüren, dass es mich noch gab, um nicht den Kontakt mit mir selbst zu verlieren. Es war die Wartezeit, in der sich meine Augen auf das neue, dass da geschah, einstellten. Und ich musste ganz nahe an mir bleiben. Ich sprach mit niemandem, weil alles so unberechenbar geworden war, dass es mir schwer fiel, auch nur einen Satz zu formulieren. Mitten im Satz vergaß ich, was ich sagen wollte. Mitten auf der Straße vergaß ich, wohin ich gehen wollte. Dann musste ich zurückgehen. Ich las ein Buch, und nach fünfzig Seiten merkte ich plötzlich: „Was lese ich da? Ich kann mich an nichts erinnern“. Das war mein Zustand.

In der Praxis des Psychiaters sprang die Tür auf, und ein Mann stürmte herein: „Herr Doktor!“ schrie er. „Sie müssen mir helfen! Ich verliere den Verstand. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, was vor einem Jahr geschehen ist oder auch was gestern geschehen ist. Ich glaube ich werde verrückt!“ „HM“, meinte der Seelendoktor. „Wann ist ihnen dieses Problem zum ersten Mal bewusst geworden?“ Der Mann blickte ihn erstaunt an: „Welches Problem?“

Das war mein Zustand! Auch nur einen Satz zu vollenden, fiel mir schwer. Ich musste mich in meinem Zimmer einschließen. Ich beschloss nicht zu reden, nichts mehr zu sagen, denn, wenn ich etwas sagte, deutete das darauf hin, dass ich verrückt war. Dieser Zustand hielt ein Jahr lang an. Ich lag einfach auf dem Boden, starrte an die Decke und zählte von eins bis hundert, und dann rückwärts von hundert bis eins. Dass ich noch in der Lage war zu zählen, war wenigstens etwas. Immer wieder vergaß ich alles. Es dauerte ein Jahr, bis ich mich wieder auf etwas konzentrieren konnte, bis ich wieder eine Perspektive hatte.

Es geschah. Es war ein Wunder. Aber es war schwer. Es war niemand da, der mich unterstützte. Es war niemand da, der mir sagen konnte, wohin ich ging, was mit mir geschah. Eigentlich waren alle dagegen, meine Lehrer, meine Freunde, die Leute, die es gut mit mir meinten. Aber sie konnten nichts tun. Sie konnten es nur verurteilen und fragen, was ich da eigentlich machte. Ich machte gar nichts! Nun lag es nicht mehr in meiner Hand. Ich hatte etwas getan. Ohne etwas zu ahnen hatte ich an die Tür geklopft, und nun öffnete sich die Tür.

Ich hatte viele Jahre meditiert, einfach still gesessen, ohne etwas zu tun, und allmählich begann ich in den Raum zu kommen, wo man nur ist, ohne etwas zu tun. Du bist nur da, du bist Präsenz, du bist Beobachter. Du bist eigentlich nicht einmal mehr Beobachter, weil du nichts beobachtest. Du bist einfach Dasein. Worte sind unzureichend, denn sobald ich ein Wort dafür benutze, scheint es, als würde etwas getan.

Nein, ich tat nichts. Ich lag, ich saß, ich ging, aber im Grunde war niemand da, der etwas tat. Ich hatte allen Ehrgeiz verloren. Es war kein Wunsch mehr da, irgendjemand zu sein, irgendetwas zu erreichen. Ich war einfach auf mich selbst zurückgeworfen. Es war eine Leere und leere macht einen verrückt. Doch die Leere ist die einzige Tür zu Gott. Das heißt: Nur wer bereit ist, verrückt zu werden kommt jemals an. Niemand sonst.

Ihr fragt mich: Was geschah als du erleuchtet wurdest?
Ich lachte. Ein wirklich schallendes Gelächter war es, da ich sah, wie absurd es ist, zu versuchen, erleuchtet zu werden. Das Ganze ist so lächerlich, weil wir erleuchtet geboren werden. Und nach etwas zu streben, was schon da ist, ist völlig absurd. Wenn du es schon hast, kannst du es nicht erreichen. Du kannst nur Dinge erreichen, die du noch nicht hast, die nicht Bestandteil deines Wesens sind. Erleuchtung ist jedoch deine eigene Natur.

Ich hatte viele Leben lang darum gerungen. Viele, viele Leben lang war es das einzige Ziel gewesen. Und ich hatte alles nur Erdenkliche getan, um es zu erreichen, doch ich war immer gescheitert. Das musste geschehen, da es nicht etwas ist, was man erreicht. Es ist deine eigene Natur, wie kannst du es also erreichen? Man kann Erleuchtung nicht zum Ziel seines Ehrgeizes machen. Der Verstand ist ehrgeizig, er will Geld, Macht, Prestige. Und wenn er eines Tages von all den extrovertierten Aktivitäten genug hat, strebt er ehrgeizig nach Erleuchtung, nach Nirwana, nach Gott.

Der Ehrgeiz ist jedoch derselbe; nur das Objekt hat sich geändert. Zuerst war das Objekt außen, nun ist das Objekt innen. Aber die Einstellung hat sich nicht geändert, das Verhalten hat sich nicht geändert; man bleibt im selben Trott, in derselben Routine. „Der Tag, an dem ich erleuchtet wurde“, ist einfach der Tag, an dem ich erkannte, dass es nichts zu erreichen gibt, dass man nirgendwohin gehen muss, dass nichts zu tun ist. Wir sind bereits göttlich, wir sind bereits perfekt, so wie wir sind. Es ist keine Verbesserung nötig, nicht die geringste Verbesserung. Gott hat noch nie jemand unvollkommen erschaffen. Selbst wenn du einem unvollkommenen Menschen begegnen solltest, wirst du sehen, dass er in seiner Unvollkommenheit vollkommen ist. Gott macht nie etwas Unvollkommenes.

Ich habe von einem Zen-Meister namens Bokuju gehört, der zu seinen Schülern über diese Wahrheit sprach, dass alles perfekt ist. Ein Mann stand auf, uralt und mit einem Buckel, und sagte: „Und was ist mit mir? Ich bin bucklig. Was sagst du zu mir?“ Bokuju antwortete: „Ich habe noch nie in meinem Leben einen so vollkommenen Buckligen gesehen.“

osho 3Wenn ich sage: „Der Tag, an dem ich Erleuchtung erlangte“, benutze ich die falsche Sprache, weil wir keine andere Sprache haben. Wir haben sie gemacht. Sie besteht aus Worten wie Erreichen, Leistung, Ziele, Verbesserung, Fortschritt, Evolution. Unsere Sprachen sind nicht von Erleuchteten erfunden worden. Und sie könnten auch gar keine Sprache erschaffen, selbst wenn sie wollten, da Erleuchtung in der Stille stattfindet.

Wie kann man Stille mit Worten ausdrücken? Was immer man tut, die Worte werden etwas von der Stille zerstören. Laotse sagte: „In dem Moment, in dem die Wahrheit erklärt wird, ist sie schon falsch.“ Es ist ausgeschlossen, die Wahrheit zu vermitteln. Trotzdem müssen wir Sprache benutzen. Es gibt keinen anderen Weg. Deshalb sage ich: „der Tag, an dem ich Erleuchtung erlangte“, und es wurde weder etwas erlangt, noch war ich es.

Ich lachte an jenen Tag über meine dummen, lächerlichen Anstrengungen, sie zu erlangen. Ich lachte an jenem Tag über mich selbst, ich lachte an jenem Tag über die ganze Menschheit, weil alle versuchen, etwas zu erlangen, etwas zu erreichen, etwas zu verbessern.

Es geschah, als ich in einem Zustand völliger Entspannung war, es geschieht immer in diesem Zustand. Ich hatte alles versucht. Als ich dann sah, wie sinnlos die ganze Anstrengung war, ließ ich das ganze Projekt fallen. Ich vergaß es vollständig. Sieben Tage lang lebte ich wie ganz gewöhnlich. Die Leute, bei denen ich damals wohnte, waren sehr erstaunt, denn zum ersten Mal sahen sie, wie ich ein völlig normales Leben führte. Vorher war mein Leben perfekte Disziplin gewesen.

Ich hatte zwei Jahre lang bei dieser Familie gelebt, und sie wussten, dass ich um drei Uhr morgens aufstand und dann vier oder fünf Meilen lief oder rannte. Danach nahm ich immer ein Bad im Fluss. Alles vollzog sich nach einem festen Plan. Selbst wenn ich Fieber hatte oder krank war, änderte sich nichts daran. Ich machte einfach genau so weiter.

Sie kannten mich als jemanden, der stundenlang in Meditation saß. Bis zu jenem Tag hatte ich vieles nicht gegessen. Ich trank weder Kaffee noch Tee; ich hielt eine strenge Disziplin, was ich essen durfte und was nicht. Als ich mich sieben Tage lang entspannte und die ganze Sache aufgab, wachte ich morgens um neun Uhr auf und trank Tee. Die Familie war verwundert. „Was ist passiert? Bist du vom Glauben abgefallen?“ Sie dachten nämlich, ich sei ein großer Yogi.

Es existiert noch ein Bild aus jener Zeit. Ich trug damals nur ein einziges Stück Stoff, das war alles. Tagsüber schlang ich es mir um den Körper, nachts benutzte ich es als Decke. Ich schlief auf einer Bambusmatte. Das war mein ganzer Komfort. Die Decke und die Bambusmatte. Sonst hatte ich nichts, keine anderen Besitztümer. Alle waren verwundert, als ich um neun aufwachte. Sie fragten: „Ist etwas nicht in Ordnung? Bist du schwer krank? Ernsthaft krank?“

Ich sagte: „Nein, ich bin nicht ernsthaft krank. Ich bin viele Jahre krank gewesen. Jetzt bin ich vollkommen gesund. Jetzt werde ich nur noch aufwachen, wenn der Schlaf mich verlässt, und ich werde dann schlafen gehen, wenn der Schlaf kommt. Ich werde nie mehr Sklave der Uhr sein. Ich werde essen, wenn der Körper gerne essen möchte, und ich werde trinken, was ich gern trinken möchte. “ Ich sagte: „Genug ist genug.“ Und in den sieben Tagen vergaß ich das ganze Projekt, und zwar für immer.

Am siebten Tag passierte es, es passierte aus heiterem Himmel. Und als ich lachte, hörte der Gärtner mein Lachen. Er glaubte ohnehin, dass ich etwas verrückt war, aber so hatte er mich noch nie Lachen gehört. Er kam angerannt und fragte: „Was ist passiert?“

Ich sagte: „Mach dir keine Sorgen. Du weißt, ich bin verrückt. Jetzt bin ich völlig verrückt geworden. Ich lache über mich selbst. Sei nicht böse. Geh wieder schlafen.“

Viele Leben lang hatte ich gearbeitet, an mir selbst gearbeitet, gerungen und alles getan, was man nur tun kann, und nichts geschah. Heute versteh ich, warum nichts geschah. Es war die Anstrengung selbst, die es verhinderte. Es war die Leiter selbst, die mich am Aufsteigen hinderte, der Drang zu suchen, war das Hindernis zu finden. Das heißt nicht, dass man es ohne Suche findet, die Suche ist nötig. Aber dann kommt ein Punkt, an dem das Suchen aufhören muss.

Man braucht ein Boot, um den Fluss zu überqueren, aber dann kommt der Punkt, wo man aus dem Boot aussteigen muss, wo man es völlig vergessen und liegen lassen muss. Anstrengung ist nötig; ohne Anstrengung ist nichts möglich. Und ebenso gilt: Ausschließlich mit Anstrengung ist nichts möglich. Kurz vor dem 21. März 1953, sieben Tage vorher, hörte ich auf, an mir selbst zu arbeiten.

Es kommt ein Moment, in dem du siehst, wie zwecklos jede Anstrengung ist. Du hast alles Menschenmögliche getan. Was sollst du noch tun? Aus purer Hilflosigkeit gibt man die ganze Suche auf. An dem Tag, an dem ich die Suche aufgab, an dem Tag, an dem ich nicht mehr nach etwas suchte, an dem ich nicht mehr erwartete, dass etwas geschehen würde, begann es zu geschehen. Eine neue Energie stieg auf, aus dem Nichts. Sie kam nicht aus einer Quelle. Sie kam aus dem Nichts und aus Allem. Sie war in den Bäumen, in den Steinen, im Himmel, in der Sonne, in der Luft, sie war überall. Ich hatte angestrengt gesucht und gedacht, sie sei weit entfernt, und dabei war sie so nah, so unmittelbar da. Meine Augen waren in der Ferne, auf dem Horizont gerichtet gewesen und hatten die Fähigkeit verloren, das zu sehen, was direkt vor mir lag.

An dem Tag, an dem die Anstrengung endete, endete auch ich. Denn man kann ohne Anstrengung nicht existieren; man kann ohne Wünsche nicht existieren; man kann nicht existieren, ohne nach etwas zu streben. Das, was wir Ego oder das Selbst nennen, ist kein Ding, es ist ein Prozess. Es ist nichts Substantielles, was in dir sitzt. Du musst es jeden Moment neu erschaffen. Es ist wie Fahrrad fahren: Solange du in die Pedale trittst, fährt es immer weiter. Wenn du aufhörst, hält es an. Vielleicht fährt es durch die Triebkraft noch ein wenig weiter, aber tatsächlich hört das Fahrrad auf zu fahren, sobald du aufhörst, in die Pedale zu treten. Es hat keine Energie mehr, keine Kraft mehr zu fahren. Es fällt um und kollabiert.

Das Ego existiert nur, weil wir ständig in die Pedale unserer Wünsche treten, weil wir ständig darauf aus sind, etwas zu bekommen, weil wir uns selbst immer einen Schritt voraus sind. Das ist es, was das Ego ausmacht, der Schritt aus dir selbst heraus, der Schritt in die Zukunft, der Schritt ins Morgen. Dieser Schritt in etwas, was gar nicht existiert, erzeugt das Ego. Da es aus etwas entsteht, was nicht existiert, ist es wie eine Fata Morgana. Es besteht nur aus Wünschen, Begehren, aus nichts anderem. Es besteht nur aus Durst, aus nichts anderem.

Das Ego ist nicht in der Gegenwart. Es ist in der Zukunft. Bist du in der Zukunft, dann scheint das Ego wirklich Substanz zu haben. Bist du in der Gegenwart, dann ist das Ego ein Trugbild. Es verschwindet allmählich. Der Tag, an dem ich aufhörte zu suchen … Es ist nicht einmal richtig zu sagen, ich hörte auf zu suchen. Es ist besser zu sagen: Der Tag, an dem das Suchen aufhörte … Lasst es mich wiederholen: Die bessere Form zu sagen ist, der Tag, an dem das Suchen aufhörte. Denn wenn ich aufhöre, bin „ich“ schon wieder im Spiel. Dann wird das Aufhören wieder zu meiner Anstrengung, das Begehren ist in ganz subtiler Form immer noch da.

Du kannst mit Begehren nicht aufhören, du kannst es nur verstehen. Und indem du es verstehst, hört es auf. Wohlgemerkt: Niemand kann aufhören, etwas zu begehren. Aber die Realität tritt nur ein, wenn das Begehren aufhört. Das ist das Dilemma. Was tun? Das Begehren ist da, und die Buddhas erzählen uns ständig, dass das Begehren aufhören muss. Und im nächsten Atemzug sagen sie, dass man nicht aufhören kann zu begehren … Was soll man denn tun? Ihr bringt die Leute ins Dilemma. Sie begehren Dinge, natürlich. Ihr sagt, dass muss aufhören. Okay. Und dann sagt ihr, man kann nicht damit aufhören.

Was soll man nun tun? Das Begehren muss verstanden werden. Man kann es verstehen. Man kann einfach sehen, wie sinnlos es ist. Es ist notwendig, es direkt wahrzunehmen, es unmittelbar tief zu ergründen. An dem Tag, an dem das Begehren aufhörte, fühlte ich mich sehr hoffnungslos und hilflos. Keine Hoffnung da, keine Zukunft. Keine Hoffnung, da sich alles Hoffen als zwecklos erwiesen hat, es führt nirgendwohin. Man dreht sich im Kreis.

Das Ziel baumelt einem ständig vor der Nase herum. Immer wieder lässt es neue Trugbilder entstehen, immer wieder lockt es: „Los, renn schneller, du wirst es erreichen!“ Aber wie schnell du auch rennst, du erreichst es nie. Es ist wie der Horizont, den man rund um die Erde sieht. Er erscheint vor dir, ist aber nicht da. Wenn du zu ihm hingehst, läuft er vor dir weg. Je schneller du rennst, desto schneller entfernt er sich. Aber eins ist sicher: Der Abstand zwischen dir und dem Horizont bleibt immer derselbe. Nicht um einen einzigen Zoll kannst du den Abstand zwischen dir und dem Horizont verringern.

Auch den Abstand zwischen dir und deiner Hoffnung kannst du nicht verringern. Die Hoffnung ist der Horizont. Du versuchst eine Brücke von dir zum Horizont, zu deiner Hoffnung zu schlagen, indem du dein Begehren, deine Wünsche darauf projizierst. Das Begehren ist eine Brücke, eine Traumbrücke, da der Horizont gar nicht existiert. Deshalb kannst du gar keine Brücke dorthin schlagen, du kannst nur von der Brücke träumen. Du kannst keine Verbindung mit etwas herstellen, das nicht existiert.

osho 4 1An dem Tag, an dem das Begehren aufhörte, an dem ich es mir genau anschaute und erkannte, dass es sinnlos war, war ich hilflos und hoffnungslos. Genau in diesem Moment begann jedoch etwas zu geschehen. Es geschah genau das, wofür ich viele Leben lang gearbeitet hatte, ohne dass es geschah. In deiner Hoffnungslosigkeit liegt die einzige Hoffnung. In deiner Wunschlosigkeit liegt die einzige Erfüllung. Und in deiner großen Hilflosigkeit kommt dir plötzlich die ganze Existenz zur Hilfe.

Die Existenz wartet. Wenn sie sieht, dass du selbst arbeitest, mischt sie sich nicht ein. Sie wartet. Sie kann unendlich lange warten, da es in der Existenz keine Eile hat. Sie ist die Ewigkeit. In dem Moment, wo du nicht auf dich selbst gestellt bist, wo du dich loslässt, wo du verschwindest, kommt die ganze Existenz auf dich zu, sie tritt in dich ein. Und zum ersten Mal beginnen die Dinge zu geschehen.

Sieben Tage lang war ich in einem sehr hoffnungslosen, hilflosen Zustand, aber gleichzeitig entstand etwas Neues. Wenn ich „hoffnungslos“ sage, meine ich mit dem Wort nicht dasselbe wie ihr. Ich meine einfach, es war keine Hoffnung in mir. Die Hoffnung war fort. Ich sage nicht, dass ich hoffnungslos und verzweifelt war. Ich war eigentlich glücklich. Ich war sehr ruhig, still, gesammelt, in meiner Mitte. Hoffnungslos, doch mit ganz neuer Bedeutung. Es war keine Hoffnung da, also auch keine Hoffnungslosigkeit. Beides war verschwunden.

Die Hoffnungslosigkeit war absolut und total. Die Hoffnung war verschwunden und mit ihr auch das Gegenstück, die Hoffnungslosigkeit. Es war eine ganz neue Erfahrung, ohne Hoffnung zu sein. Es war kein negativer Zustand. Er war absolut positiv. Es war nicht nur etwas fort, sondern etwas Neues war da. Etwas in mir war am Überfließen. Ich wurde davon überschwemmt. Und wenn ich sage, ich war hilflos, meine ich auch nicht das Wort in dem Sinne, wie es im Wörterbuch steht. Ich meine einfach, ich war ohne Selbst. Das meine ich, wenn ich „hilflos“ sage.

Ich hatte erkannt, dass ich nicht bin. Also kann ich mich auf mich selbst nicht verlassen. Ich kann nicht auf dem Boden meines Selbst stehen. Es gab keinen Boden mehr unter mir. Ich war in einem Abgrund, einem bodenlosen Abgrund. Allerdings war auch keine Angst da, weil es nichts mehr zu beschützen gab. Es war keine Angst da, weil keiner da war, der Angst gehabt hätte.

In jenen sieben Tagen fand eine ungeheure Transformation statt, die totale Transformation. Und am letzten Tag war die Gegenwart einer völlig neuen Energie, eines neuen Lichts und einer neuen Freude so überwältigend, dass es fast unerträglich wurde. Es war, als ob ich explodierte, wahnsinnig würde vor Glückseligkeit. Die junge Generation im Westen hat den richtigen Ausdruck dafür: Ich war selig, „blissed out“, „stoned“

Es war unmöglich, den Sinn dessen, was geschah, zu verstehen. Es war eine Welt des Un- Sinns- es war schwierig zu begreifen, schwierig, etwas in Kategorien zu packen, schwierig, Worte, Sprache, Erklärungen zu finden. Alle Schriften kamen mir tot vor, und alle Worte, die jemals benutzt worden waren, um diese Erfahrung zu beschreiben, sahen blass und blutleer aus. Dies war so lebendig! Es war eine Flutwelle von Seligkeit.

Der ganze Tag war seltsam, überwältigend, erschütternd. Die Vergangenheit verschwand, als hätte sie nie zu mir gehört, als ob ich irgendwo davon gelesen hätte. Als ob ich davon geträumt hätte, als ob es die Geschichte eines anderen wäre, die ich gehört hatte. Die Vergangenheit löste sich von mir. Die Wurzeln meiner Geschichte wurden herausgerissen. Ich verlor meine Autobiographie. Ich wurde ein „Nicht-Sein“, was Buddha Anatta nennt. Grenzen verschwanden, Unterscheidungen verschwanden.

Der Verstand verschwand. Er war Millionen von Meilen entfernt. Es war schwierig, ihn zu fassen zu bekommen. Er entfernte sich mit rasender Geschwindigkeit immer weiter fort, und nichts in mir drängte danach, ihn festzuhalten. Ich war einfach an allem unbeteiligt. Es war okay. Es war nicht notwendig, die Verbindung mit der Vergangenheit aufrechtzuerhalten.

Gegen Abend war es dann kaum mehr auszuhalten: Es tat weh, es war schmerzhaft. Es war wie bei einer Frau, die in den Wehen liegt, wenn ein Kind geboren werden soll, und die Frau unerträgliche Schmerzen hat, die Geburtsschmerzen. Ich ging in dieser Zeit sonst gegen zwölf oder ein Uhr nachts schlafen, doch an jenem Tag war es unmöglich, wach zu bleiben. Die Augen fielen mir zu. Es war schwierig, sie offen zu halten. Ich spürte, dass etwas bevorstand, dass etwas geschehen würde. Es war schwer zu sagen, was es war, vielleicht war es der Tod. Es war jedoch keine Angst da. Ich war dazu bereit. Diese sieben Tage waren so schön gewesen, dass ich bereit war zu sterben. Ich brauchte nichts mehr. Ich war so glückselig gewesen, ich war so zufrieden, dass der Tod, wenn er kommen sollte, willkommen war.

Aber es war klar, dass etwas geschehen würde, etwas wie der Tod, etwas Drastisches. Es würde entweder der Tod oder eine Neugeburt sein, eine Kreuzigung oder eine Auferstehung. Etwas von ungeheurer Tragweite war zum Greifen nahe. Und es war nicht möglich, die Augen offen zu halten. Ich war wie unter Drogen.

Gegen acht Uhr ging ich schlafen. Es war kein normaler Schlaf. Heute kann ich verstehen, was Patanjali meint, wenn er sagt, dass Schlaf und Samadhi ähnlich sind. Nur mit einem Unterschied: Im Samadhi ist man vollkommen wach und doch wie im Tiefschlaf. Man ist gleichzeitig wach und schlafend. Der ganze Körper ist entspannt, jede Zelle im Körper ist völlig entspannt, und doch ist Bewusstsein da und brennt wie eine Flamme in dir, klar und rauchlos. Du bleibst klar, bewusst und bist doch entspannt und losgelöst, aber völlig wach. Der Körper liegt im tiefsten Schlaf und das Bewusstsein ist auf dem höchsten Gipfel. Der Gipfel des Bewusstseins und das Tal des Körpers treffen zusammen.

Ich ging schlafen. Es war ein sehr seltsamer Schlaf. Der Körper schlief. Ich war wach. Es war seltsam, als ob man in zwei verschiedenen Richtungen auseinandergerissen würde, in zwei verschiedene Dimensionen. Es war, als kämen zwei Polaritäten in einem Punkt zusammen: Positiv und negativ treffen zusammen, Schlaf und Wachsein trafen zusammen, Tod und Leben trafen zusammen. Das ist der Moment, in dem du sagen kannst: Der Schöpfer und die Schöpfung treffen zusammen.
Es war unheimlich. Beim ersten Mal ist es ein Schock, der an deine Wurzeln geht, der dich bis in die Grundfesten erschüttert. Nach dieser Erfahrung bist du nicht mehr derselbe Mensch. Sie ändert deine Sichtweise und dein Leben grundlegend.

Gegen zwölf gingen meine Augen plötzlich auf. Ich hatte sie nicht selbst geöffnet. Etwas anderes hatte den Schlaf unterbrochen. Ich spürte eine starke Gegenwart um mich herum im Raum. Es war ein sehr kleines Zimmer. Ich spürte pulsierendes Leben um mich herum, eine starke Vibration. Es war wie ein Wirbelsturm, ein wilder Sturm aus Licht, Freude, Ekstase. Ich ertrank darin. Es war so ungeheuer wirklich, dass alles andere unwirklich wurde. Die Wände des Zimmers wurden unwirklich, mein eigener Körper wurde unwirklich. Alles war unwirklich. Denn nun war zum ersten Mal die Wirklichkeit da.

Deshalb fällt es uns so schwer, Buddha oder Shankara zu verstehen, wenn sie sagen, die Welt ist Maya, ein Trugbild. Denn wir kennen nur diese Welt, wir haben keinen Vergleich. Dieses ist die einzige Realität, die wir kennen. Wovon reden diese Leute? Alles ist Maya, Illusion? Das ist die einzige Wirklichkeit. Wenn du das wirklich Wirkliche nicht erfährst, kannst du ihre Worte nicht verstehen. Sie bleiben Theorie, sie wirken wie Hypothesen.

Vielleicht vertreten sie eine neue Philosophie: „Die Welt ist unwirklich.“ In jener Nacht verstand ich zum ersten Mal die Bedeutung des Wortes Maya, Illusion. Ich kannte natürlich die Bedeutung des Wortes. Aber ich hatte sie vorher nie verstanden. Wie kann man etwas verstehen, ohne es vorher erfahren zu haben? In jener Nacht öffnete sich die Tür zu einer anderen Wirklichkeit. Eine andere Dimension wurde sichtbar.

Plötzlich war sie da, die andere Wirklichkeit, die besondere Wirklichkeit, das wirklich Wirkliche, oder wie immer ihr es nennen wollt. Nennt es Gott, nennt es Wahrheit, nennt es Dharma, nennt es Tao oder wie immer ihr wollt. Es hat keinen Namen. Aber es war da: so transparent und doch so solide, dass man es hätte anfassen können! Ich erstickte fast daran in diesem Zimmer. Es war zu viel, und ich war nicht in der Lage, es zu absorbieren.

Ich verspürte einen starken Drang, aus dem Zimmer zu rennen, hinaus unter den offenen Himmel. Es war zum Ersticken! Es war zu viel! Es würde mich umbringen! Wäre ich auch nur wenige Momente länger im Zimmer geblieben, wäre ich erstickt. So sah es für mich aus. Ich rannte aus dem Haus hinaus auf die Straße. Ein starker Drang trieb mich hinaus, um unter den offenen Himmel mit den Sternen, den Bäumen, der Erde zu sein. Und sobald ich draußen war, verschwand das Gefühl des Erstickens. Das Zimmer war zu klein für etwas so Großes. Es ist größer als der Himmel. Auch der Himmel ist keine Grenze dafür. Aber draußen fühlte ich mich wohler.

Ich ging in den nächsten Park. Es war eine ganz neue Art zu gehen, als ob die Schwerkraft verschwunden wäre. Ich ging oder rannte oder flog einfach, schwer zu entscheiden. Die Schwerkraft war nicht da. Ich fühlte mich schwerelos, als ob ich von einer Kraft getragen würde. Ich war in den Händen einer anderen Kraft.

Zum ersten Mal war ich nicht allein, zum ersten Mal war ich kein Individuum mehr, zum ersten Mal war der Tropfen ins Meer gefallen. Nun gehörte mir das ganze Meer. Ich war das Meer. Es gab keine Grenzen mehr. Ich verspürte eine unbändige Kraft, als könnte ich alles tun, was immer es war. Ich war nicht mehr da. Nur diese Kraft war da.

Ich kam zu dem Park, wo ich tagsüber spazieren gegangen war. Der Park war nicht geöffnet, nachts war er geschlossen. Es war spät, fast ein Uhr nachts. Die Gärtner schliefen fest. Ich musste mich wie ein Dieb hineinstehlen, ich musste über das Tor klettern. Aber etwas zog mich in diesen Park. Es lag nicht in meiner Hand, es zu verhindern. Ich ließ mich einfach treiben … Als ich den Park betrat, begann alles zu leuchten. „Es“ war überall. Alles war gesegnet, begnadet. Ich sah die Bäume wie zum ersten Mal, ihr Grün, ihre Lebendigkeit, den Lebenssaft, der durch sie hindurchrann. Der ganze Park schlief; die Bäume schliefen. Aber ich konnte sehen, wie lebendig alles war. Selbst die kleinsten Grashalme waren wunderschön.

osho 2Ich schaute mich um. Ein Baum leuchtete unglaublich, ein Maulbeerbaum. Er lockte mich, er zog mich zu sich hin. Ich habe ihn nicht ausgesucht, Gott selbst hat ihn ausgesucht. Ich ging zu dem Baum und setzte mich darunter. Als ich dort saß, beruhigten sich die Dinge allmählich. Das ganze Universum war ein Segen.

Es ist schwer zu sagen, wie lange ich mich in diesem Zustand befand. Als ich wieder nach Hause kam, war es vier Uhr morgens, also müssen es nach der Uhr etwa drei Stunden gewesen sein. Doch dieser Zustand war die Unendlichkeit. Er hatte nichts mit Uhrzeiten zu tun, er war zeitlos.

Diese drei Stunden wurden zur Ewigkeit, zur unendlichen Ewigkeit. Es gab keine Zeit. Die Zeit war stehen geblieben. Es war die jungfräuliche Wirklichkeit, unverdorben, unberührbar, unmessbar.

An jenem Tag geschah etwas, das geblieben ist. Nicht, dass es so blieb, wie es war, sondern es geht wie eine unterirdische Strömung weiter. Es ist nicht etwas Beständiges, sondern es geschieht in jedem Moment wieder neu. Es ist ein Wunder, das in jedem Moment neu geschieht.

Seit jener Nacht bin ich nicht mehr in meinem Körper gewesen. Ich schwebe um ihn herum. Ich bekam eine unheimliche Kraft und war gleichzeitig sehr zerbrechlich. Ich wurde sehr stark, aber es ist nicht die Stärke eines Mohammed Ali. Es ist nicht die Stärke eines Felsens, sondern die Stärke einer Rose, so zerbrechlich in ihrer Kraft, so empfindlich und zart. Der Felsen bleibt stehen; die Blume kann jeden Moment vergehen.

Und doch ist die Kraft eines Tautropfens auf einem Grashalm, der in der Morgensonne glitzert, so schön, so kostbar, und doch kann er jeden Moment hinabgleiten. Er ist so unvergleichlich in seiner Anmut. Doch es braucht nur eine kleine Brise zu kommen und der Tautropfen fällt hinunter und ist für immer verloren … Ich bin nie wieder in meinem Körper gewesen. Ich schwebe nur um den Körper herum. Schon aus diesem Grund meine ich, dass es ein endloses Wunder ist. Jeden Moment bin ich erstaunt, dass ich noch hier bin. Ich sollte es eigentlich nicht sein. Ich sollte jeden Moment gehen und trotzdem bin ich hier. Jeden Morgen öffne ich die Augen und sage: „Ach, ich bin also immer noch hier?“ Denn es scheint fast unmöglich zu sein. Das Wunder ist weitergegangen.

Vergesst nicht: Seit jenem Tag war ich nicht mehr in meinem Körper. Nur noch ein dünner Faden verbindet mich mit dem Körper. Und es erstaunt mich immer wieder, dass offenbar das Ganze möchte, dass ich immer noch hier bin. Denn ich bin nicht mehr aus eigener Kraft hier, ich bin nicht von mir aus hier. Es muss der Wille des Ganzen sein, mich hier zu halten; mir zu erlauben, noch ein wenig länger an diesem Ufer zu verweilen.

Seit jenem Tag ist die Welt unwirklich. Eine andere Welt hat sich enthüllt. Wenn ich sage, die Welt ist unwirklich, meine ich nicht, dass diese Bäume nicht wirklich sind. Diese Bäume sind absolut wirklich, aber die Art, wie ihr die Bäume seht, ist unwirklich. Die Bäume sind nicht als solche unwirklich. Sie existieren in Gott, sie existieren in der absoluten Wirklichkeit. Aber wie ihr sie seht, könnt ihr sie niemals wirklich sehen. Ihr seht ein Trugbild …

In jener Nacht wurde ich leer und wurde ich voll. Ich existiere nicht mehr und wurde zur Existenz selbst. In jener Nacht starb ich und wurde wiedergeboren. Aber der, der wiedergeboren wurde, hat mit dem, der starb, nichts zu tun. Es ist etwas, dass keine Kontinuität hat. An der Oberfläche sieht es so aus, als sei er derselbe. Derjenige, der starb, ist ganz und gar gestorben. Nichts von ihm ist übrig geblieben …

Die Erleuchtung ist ein ganz individueller Prozess. Die Tatsache, dass sie so individuell ist, hat viele Probleme geschaffen. Zunächst einmal gibt es keine festen Stadien, durch die man unbedingt hindurchgehen muss. Jeder Mensch macht verschiedene Phasen durch, weil jeder Mensch in vielen Leben verschiedene Prägungen angesammelt hat.

Es ist also nicht die Erleuchtung, sondern es sind die Bedingungen, die dich geprägt haben, die deinen Weg bestimmen. Und jeder Mensch ist anders geprägt. Deshalb haben zwei Personen nie denselben Weg. Deshalb betone ich immer: Es gibt keine Autobahnen, es gibt nur Fußwege. Und nicht einmal die sind zu sehen. Es ist nicht so, dass du sie schon vorfindest und nur noch darauf zu gehen brauchst. Nein, du machst sie beim Gehen. Dadurch, dass du gehst, werden sie gemacht.

Es heißt, der Weg zur Erleuchtung, ist wie die Spur eines Vogels, der am Himmel fliegt. Er hinterlässt keine Spuren. Keiner kann den Spuren des Vogels folgen. Jeder Vogel macht seinen eigenen Weg, der aber sofort verschwindet; während der Vogel fliegt. So ähnlich ist die Situation. Deshalb ist es nicht möglich, dass einer führt und die anderen folgen. Deshalb behaupte ich, dass Leute wie Jesus, Mohammed und Krishna, die sagen: „Glaubt nur an mich und folgt mir nach“, keine Ahnung von Erleuchtung haben.

Hätten sie die Erfahrung gemacht, wäre so eine Äußerung nicht möglich gewesen. Jeder, der erleuchtet ist, weiß, dass er keine Spuren hinterlassen hat. Dann zu jemanden zu sagen: „Komm und folge mir nach“ ist einfach absurd. Was also mit mir geschehen ist, müssen andere nicht unbedingt auch erleben. Es ist möglich, dass man ganz normal bleibt und dann plötzlich erleuchtet ist …

Alle Methoden, die benutzt werden, dienen nur dazu, irgendeine Situation zu kreieren, in der euer Traum unterbrochen wird. Wie sehr ihr an eurem Traum hängt, ist von Person zu Person unterschiedlich. Wie tief euer Schlaf ist, ist von Person zu Person verschieden. Aber alle Methoden dienen dazu, euch wachzurütteln, damit ihr aufwachen könnt.

osho 1An welchem Punkt ihr aufwacht spielt keine Rolle …
Es wird bei jedem einzelnen anders sein. Und dasselbe gilt für die Zeit nach der Erleuchtung: Jeder bringt Erleuchtung anders zum Ausdruck ….

Erleuchtung ist ein völlig individuelles Lied, immer unbekannt, immer neu, immer einzigartig. Sie kommt niemals als Wiederholung. Vergleicht deshalb zwei Erleuchtete nicht miteinander. Ihr werdet zwangsläufig dem einen oder den anderen Unrecht tun oder beiden. Und habt keine feste Vorstellungen davon. Man sollte sich nur an fließende Qualitäten erinnern. Ich sage: fließende Qualitäten, keine festgelegten Qualifikationen.

Jeder Erleuchtete hat beispielsweise die Qualität von tiefer Stille. Sie ist fast greifbar. In seiner Gegenwart wird jeder still, der offen und empfänglich ist. Man spürt auch eine tiefe Zufriedenheit. Nichts kann seiner Zufriedenheit etwas anhaben, was immer geschieht …

Achtet nicht auf die kleinen Dinge: was er isst, was er anzieht, wo er lebt. Sie sind unwichtig. Achtet auf seine Liebe, sein Mitgefühl, sein Vertrauen. Auch wenn ihr sein Vertrauen ausnützt, ändert sich sein Vertrauen dadurch nicht. Selbst wenn ihr sein Mitgefühl missbraucht und seine Liebe betrügt, macht es für ihn keinen Unterschied. Das sind eure Probleme. Sein Vertrauen, sein Mitgefühl, seine Liebe bleiben gleich.

Es geht ihm in seinem Leben nur noch darum, andere Menschen aufzuwecken. Was immer er tut, es ist das einzige Ziel hinter all seinen Handlungen: Wie kann man immer mehr Menschen helfen aufzuwachen? Denn dadurch, dass er erwacht ist, hat er die höchste Seligkeit im Leben erfahren.

-Osho-

 

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