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Das Tao Te King von Lao Tzu

Lao Tzu - Tao te king

Das Buch vom Dào und vom Dé

道 Dào = Lauf, Weg, Fluss, Prinzip und Sinn

德 Dé = Kraft, Leben und Charisma, Tugend, Güte

经 Jīng = Leitfaden , Textsammlung


Was ist das Tao?

Tao (ausgesprochen “ Dao“) wird oft übersetzt mit „der Pfad “ oder „der Weg“. Es ist ein universelles Prinzip, der allem, von der Entstehung der Galaxien bis zur Interaktion der Menschen untereinander, zugrunde liegt.

Die Wirkungsweisen des Tao sind oft über menschliche Logik erhaben. Um das Tao zu verstehen, reicht daher vernunftorientiertes Denken allein nicht aus. Man muss ebenso seine Intuition miteinbeziehen.

Unser Quellmaterial zum Verständnis des Tao ist das Tao Te King des alten Weisen Lao Tse. Einige der bedeutendsten Prinzipien Lao Tzus sind die folgenden:

Nicht-Streiten – Lao Tze betrachtet Gewalt und Konflikt, so streng sie auch kontrolliert sein mögen, als nicht sinnvoll, sie haben negative Auswirkungen. Das taoistische Bestreben ist es, Probleme durch friedliche Mittel zu lösen.

Nicht-Handeln (oder auch Nicht-Tun) – Einfältige Menschen verschwenden viel Energie und Zeit im Versuch, alles zu tun, und letztendlich nichts damit zu erreichen. Andererseits scheinen die wahren Weisen überhaupt nicht viel zu tun, erreichen jedoch alles, was sie wollen. Diese Magie ist möglich, ja sogar unvermeidbar, wenn man im Einklang mit dem Tao lebt.

Absichtslosigkeit – Wir vollbringen oft tugendhafte Taten in der Hoffnung auf Lob und Anerkennung. Darin liegt keinerlei Tugendhaftigkeit. Wahre Tugendhaftigkeit besteht darin, solche Handlungen natürlich fließen zu lassen, ohne dass dazu ein bewusster Gedanke oder Anstrengung nötig wäre.

Einfachheit – Die Grundlage unserer Realität und Existenz ist elementar und unkompliziert. Menschen verursachen sich selbst viele Probleme, indem sie alles komplizierter gestalten, als es in Wirklichkeit ist. Wenn wir lernen, unser Leben einfacher zu gestalten, können wir eine tiefe Erfüllung erfahren, die so viel mehr Bedeutung hat als die Belohnungen der materiellen Welt.

Weisheit – Die Logik hat ihren Platz im menschlichen Denken, doch ist das, was wir durch vernünftiges Begründen verstehen können, ist begrenzt. Um uns über diese Beschränkung hinwegsetzen zu können, müssen wir unsere Intuition einsetzen. Dies ist der Schlüssel zur Einsicht im Gegensatz zum Wissen, und der Unterschied zwischen das Tao leben und über das Tao lesen.

Bescheidenheit – Je mehr du lernst, desto mehr bemerkst du, wieviel noch zu lernen ist. Dadurch wirst du bescheiden. Arroganz und Egoismus wurzeln in Ignoranz – wenig zu wissen und so zu tun, als wüsste man viel.

Dualität – Lao Tzu betont, dass alle Eigenschaften in der Welt ihre Bedeutung nur aus der Existenz ihres Gegenteils beziehen. Etwas kann nur groß sein, wenn es etwas anderes gibt, das im Vergleich dazu klein ist. „Gut“ existiert in der Welt, solange auch „böse“ existiert. Das eine kann nicht ohne das andere sein.

Die Übersetzung
Bei einem so alten und in der Vergangenheit bereits so vielfach kopierten Text bleiben Verständnisprobleme auch für den Spezialisten nicht aus: Die im Original verwendete Sprache ist in ihren Begriffen vieldeutig, es gibt zahlreiche Textvarianten, und vieles von dem, was im chinesischen Original noch einigermaßen verständlich sein mag, ist schwer in die Worte einer westlichen, linearen Sprache mit ihren grammatischen Kategorien zu fassen.

Bestimmte Begriffe sind bildhaft und vielschichtig in ihrer Bedeutung, und sehr oft lässt auch der inhaltliche Kontext eine ganze Reihe verschiedenster Übersetzungsmöglichkeiten offen. Es ist daher auch ziemlich schwierig, diesen Text eindeutig zu übersetzen und jeder hat ein bisschen etwas anderes.

Es gibt somit viele verschiedene, sich teilweise stark unterscheidende Übersetzungen, und ich versuche hier in guten verständlichen Worten in einer eigenen Version den Sinn zu erfassen und wiederzugeben. Ich arbeite aber noch daran, es ist sozusagen. Das heißt, die Rohversion ist zwar schon fertig, aber es kommen noch Verbesserungen und Korrekturen.


1 DER ANFANG DER KRAFT

Das Tao, das man nennen kann,
ist nicht das Tao.
Der Name, der genannt werden kann,
ist nicht der Name.

Nicht benennbar ist die Einheit, welche innen ist.
Benennbar ist die Vielfalt, welche außen ist.
Dem begehrungslosen Blick enthüllt sich das Geheimnis,
Dem begehrenden Blick zeigt sich stets die begrenzte Erscheinung.

Ungleich in der Erscheinung
sind sie doch des gleichen Ursprungs.
Ihr gleiches ist das Wunder
und des rätselhaften Tor.


2 DIE POLARITÄT NUTZEN

Das Schöne wird nur erkannt auf dem Hintergrund von Hässlichem.
Das Gute wird nur erkannt auf Grundlage von Bösem.
So erschafft allein der Mensch die Gegensätze in der Welt.

Sein und Nicht-Sein bedingen einander,
Schwer und Leicht schaffen einander,
Hoch und Tief erzeugen einander,
Lang und Kurz bestimmen einander,
Klang und Ruhe stützen einander,
Ein Vorher ergibt ein Nachher.

So begreift der Weise das Relative in allem und beurteilt nicht.
er bewirkt, ohne gezielt zu wollen,
er lehrt, ohne zu belehren.
er erreicht, ohne anzustreben.
er pflegt ohne zu besitzen,
Und weil er nichts beansprucht,
wächst ihm alles zu.


3 DEN FRIEDEN WAHREN

Die Fähigen nicht hervorheben,
werden die Menschen nicht zu Strebern.
Besitz und Luxus nicht wertschätzen,
werden die Menschen nicht zu Dieben.
Gelten Güter nicht als besonders,
bleiben die Menschen ruhig und ausgeglichen.

So herrscht also der Weise,
indem er Geist und Herz  von Wünschen leert.
Er mindert Ehrgeiz und stärkt den Leib.
Er übt sich im Nicht-Tun,
und alles findet seinen vollkommenen Platz.


4 DAS WESEN DES TAO

Das TAO ist leer,
doch unerschöpflich.

Es ist unergründlich,
doch Urgrund allen Seins.

In ihm werden scharfe Kanten rund,
verschlungene Knoten lösen sich.
Es dämpft das Leuchtende
und verbindet sich mit dem Trüben.

Es ist verborgen,
doch immer da.
Ich weiß nicht, woher es kommt.
Es war vor allen Erscheinungen da.


5 SICH AN DIE MITTE HALTEN

Die Natur ist in ihrem Wirken unparteiisch,
wie Strohhunde sind für sie alle Dinge und Wesen.
So wirkt auch der Weise unparteiisch,
niemand ist ihm besonders lieb, doch missbilligt er niemanden.

Bildet die Natur nicht endloses Fortbestehen?
Sie gleicht einem Blasebalg, ihre Leere ist ihre Fülle.

Viele Worte sind schnell erschöpft,
es ist besser, das Innere zu bewahren.


6 DAS VERBORGENE ERFASSEN

Der Ursprung des Geistes ist unvergänglich,
durch sein Auftreten entsteht die ganze Welt.
Auch wenn es zahllose Formen annimmt,
bleibt seine Identität unverändert.

Tor zum geheimnisvoll weiblichen,
die Wurzel der Schöpfung,
höre auf ihre Stimme,
höre ihr Echo in der ganzen Schöpfung.

Ohne Fehl offenbart sie ihre Gegenwart,
ohne Fehl führt sie zur eigenen Vollkommenheit.
Obwohl unfassbar und immateriell,
wirkt sie unleugbar immerfort.


7 DIE KRAFT DER SELBSTLOSIGKEIT

Der Himmel ist dauerhaft und die Erde ist ewig,
weil sie ohne Eigenwillen sind.
Weil sie nichts für sich selbst wollen,
bleiben sie bei jedem Wandel stets sie selbst und dauern fort.

Der Weise reduziert seinen Eigenwillen
und kommt gerade deshalb voran.
Sein Handeln ist selbstlos,
und findet so Erfüllung.

Diene also den Bedürfnissen anderer,
so werden deine eigenen Bedürfnisse erfüllt.


8 FRIEDLICHE WERTE

Höchste Vollkommenheit gleicht dem Wasser,
nützlich allen Geschöpfen ohne sich zu bemühen.
Durchdringend und durchtränkend, nie meidet es niederstes,
so gleicht es dem Tao.

Das Vollkommene des Wohnens zeigt sich in der Gemäßheit der Stätte.
Das Vollkommene der Herzens offenbart sich in der Tiefe.
Das Vollkommene der Gesellschaft zeigt sich in der Wohlgesinntheit.
Das Vollkommene von Worten zeigt sich in der Aufrichtigkeit.
Das Vollkommene der Führung zeigt sich mühelos und gelassen.

So auch der Erwachte:
Wo er weilt, durchdringt er.
Wo er leitet, lenkt er durch Sanftmut.
In seinem Schweigen quillt lauterste Wahrheit,
indem er sich einfügt, bewirkt er Ausgleich und Frieden.

Weil dies ohne Wettstreit geschieht,
kommt kein Unmut auf.


9 DEN NIEDERGANG ÜBERWINDEN

Ein volles Gefäß sollte man nicht weiter befüllen.
Und es gibt keinen Grund, eine scharfe Schneide weiter zu schärfen.
Wenn der Raum überfüllt ist mit Schätzen,
wer wird ihn bewachen?

Vergängliches horten hat keinen Bestand.
Stolz auf Reichtum und Ehre führt von selbst zum Scheitern.
Schätze verleiten zu Äußerlichkeit;
Äußerlichkeit leitet ab vom Tao.

Sich zurückzuziehen, wenn das Werk vollbracht ist,
das ist der Weg des Himmels.


10 INNERE HARMONIE

Wer leuchtend seinen Geist bewahrt und das Eine umfängst,
der bleibt innerlich ungeteilt.

So fein geworden, wird er frei von Illusionen,
klar und makellos ähnlich einem Neugeborenen.

Wer als Herrscher des Reichs die Menschen liebt,
der kann durchdringen ohne zu handeln.
Wenn des Himmels Pforten sich öffnen und schließen,
so kann er doch empfänglich bleiben.

Erziehen ohne Gewalt, erschaffen ohne zu prahlen,
erzeugen ohne zu besitzen,
führen ohne zu kontrollieren und zu manipulieren:
das ist die das Geheimnis der Tugend.


11 NUTZEN, WAS NICHT IST

Dreißig Speichen treffen die Nabe,
die Leere in der Mitte macht das Rad.
Ton formt man zu einem Krug,
die Leere darin macht das Gefäß.
Türen und Fenster bricht man in Mauern,
die Leere darin macht ihren Nutzen

Darum:
Die Brauchbarkeit dessen, was ist,
hängt ab von dem, was nicht ist.


12 DIE SINNE UNTER KONTROLLE HALTEN

Zu viele Farben gefährden das Sehen,
zu viele Töne töten das Hören,
zu viele Kost kostet den Geschmack,
zuviel Zerstreuung erzeugt Verwirrung,
zuviel Besitz besitzt den Besitzenden.

Darum der Weise:
Der Weise kümmert sich deshalb um das Wesentliche,
nicht um das Sinnliche.
Er lässt gehen, was vergeht,
und hat Teil an dem, was Bestand hat.


13 DAS SELBST ERWEITERN

Glück und Unglück verursachen Furcht,
Leben und Tod liegen in unserem Selbst.

Was heißt:
Glück und Unglück verursachen Furcht?

Glück zu erlangen,
Glück zu verlieren
ist zu fürchten.

Was heißt:
Leben und Tod liegen in unserem Selbst?

Die Wurzel unserer Angst liegt im Selbst.
Wenn wir selbstlos sind, wovor sollten wir Angst haben?

Darum:
Wer die Welt als sein Selbst liebt,
taugt Hüter der Welt zu sein.
Wer sich selbst liebt wie alle,
taugt, Lehrer der Welt zu sein.


14 DER INBEGRIFF DES TAO

Wer es ansieht, sieht es nicht.
Es ist das Unsichtbare.
Wer es anhört, hört es nicht.
Es ist das Unhörbare.
Wer es anfasst, fasst es nicht,
es ist das Unfassbare

Diese Drei sind untrennbar,
sie sind verbunden und das Eine.
Sein Aufgehen ohne Helligkeit,
sein Untergehen ohne Dunkelheit.
Es geht immer unnennbar weiter
und kehrt ins nichts zurück.

Nähere Dich, da ist kein Anfang,
Folge ihm da ist kein Ende.
Du kannst es nicht kennen, aber es sein,
so lebe gelassen dein Leben.

Entdecken, wie die Dinge stets waren,
bringt in Einklang mit dem Weg.


15 DIE KRAFT IM SUBTILEN WIRKEN

Die Weisen durchdrangen das Ungekannte,
und Worte umfassen nicht ihre Weisheit,
ihr Erscheinen lässt sich nur in Bildern beschreiben:

Ihre Haltung war behutsam
wie beim Überqueren eines Flusses im Winter,
aufmerksam wie bei drohender Gefahr,
zurückhaltend wie höfliche Gäste,
nachgebend wie schmelzendes Eis,
einfach, wie unbehauenes Holz,
aufnahmefähig wie weites Tal,
unergründlich wie trübes Wasser.

Doch das trübste Wasser wird klar,
wenn es still wird.
So ruhten die Weisen in der Leere,
darum entleerte sie die Ruhe.

Wer dem Weg des Tao folgt,
begehrt nicht die Fülle,
doch eben weil er ungefüllt ist,
bleibt er unerschöpflich und stets erneuert zugleich.


16 DAS ABSOLUTE KENNEN

Erreiche die große Leere,
bewahre die tiefe Stille.
Alle Dinge entstehen und vergehen,
betrachte ihre Wiederkehr.
Alles kehrt zum Ursprung zurück.
Die Rückkehr zum Ursprung ist Stille,
dies ist der Weg der Natur.

Der Weg der Natur ist ewig.
Das Ewige zu kennen bringt Einsicht.
Das Ewige nicht zu kennen bringt Unheil.

Das Ewige zu kennen macht geduldig,
geduldig zu sein macht redlich,
redlich zu sein macht edel,
edel zu sein macht natürlich,
natürlich zu sein ist der rechte Weg.

Wer den rechten Weg geht,
ist ohne Zeit.
Selbst wenn er vergeht,
dauert er fort.


17 DER WEG SUBTILER EINFLUSSNAHME

Die besten Herrscher waren kaum gekannt,
die folgenden geliebt und geehrt,
die folgenden gefürchtet,
die letzten verachtet.

Wer selbst kein Vertrauen hat,
wird auch kein Vertrauen finden.

Wählt er seine Weisung mit Bedacht,
werden die Werke vollendet,
dem Willen willfahren
und das Volk sagt:
Wir sind frei.


18 VERLUST DER INSTINKTE

Wird der rechte Weg verlassen,
entstehen Güte und Moral.
Wissen und Klugheit kommen auf
und große Heuchelei folgt.
Zerbricht die Eintracht der Familie,
entsteht Kindespflicht und Elternliebe.
Wenn das Land in Wirren und Chaos gerät,
treten ergebene Staatsdiener auf.


19 RÜCKKEHR ZUR EINFACHHEIT

Brich mit der Weisheit,
verwerfe die Klugheit,
das Volk wird vielfachen Nutzen haben.
Brich mit dem Wohlwollen,
verwerfe die Pflichten,
das Volk wird wie eine Familie sein.
Brich mit der Geschicklichkeit,
verwerfe den Vorteil,
Räuber und Diebe werden verschwinden.

Diese Drei sind äußerlich
für sich selbst ungenügend.
Darum folge den Grundsätzen:

Erkenne das Einfache.
Pflege das Schlichte.
Lege die Selbstsucht ab.
Mäßige das Verlangen.


20 UNABHÄNGIGKEIT ENTFALTEN

Gib das Wissen auf.
Sei ohne Angst.

Gibt es einen Unterschied zwischen Ja und Nein?
Gibt es einen Unterschied zwischen Gut und Böse?
Muss ich fürchten, was alle fürchten?
Welch ein Unsinn!

Die Masse freut sich am Tieropfer
und im Frühling am Besteigen der Berge.
Ich allein bleibe still, ohne Schicksal
wie ein neugeborenes Kind,
wie einer ohne Heimat.

Andere besitzen in Fülle,
mich erfüllt Besitzlosigkeit.
Ich bin wie ein Narr
verloren und verwirrt.
Andere scheinen hell und klar,
ich scheine dunkel und trübe.
Andere scheinen klug und erleuchtet,
ich scheine dumm und umnachtet,
schwankend wie das Meer,
haltlos wie der Wind.

Andere sind geschäftig,
ich bin fern wie ein Einsiedler.
Ich bin anders als die andern,
mich ernährt die Große Mutter.


21 DEN KOLLEKTIVEN URSPRUNG KENNEN

Die höchste Tugend ist,
dem rechten Weg zu folgen.
Der rechte Weg ist
unfassbar und unbegreiflich.

Unfassbar und unbegreiflich
ist sein innerstes Bild.
Unfassbar und unbegreiflich
ist seine innerste Form.
Verborgen und unergründlich
ist sein innerstes Wesen.

Sein Wesen ist die Wirklichkeit.
Sein Innerstes ist die Wahrheit.
Von damals bis heute.
ist sein Name immer gleich,
am Anfang aller Dinge.
Woher ich vom Anfang aller Dinge weiß?
Eben durch dies.


22 DEM GRUNDMUSTER FOLGEN

Was nachgibt, wird vollkommen,
was biegsam ist, wird gerade,
was leer ist, wird voll,
was vergeht, wird neu,
was zuwenig ist, wird bereichernd,
was zuviel ist, wird verwirrend.

Darum hält sich der Weise an das Eine
und wird zum Vorbild der Welt:
Er beachtet sich nicht
und ist darum geachtet.
Er schätzt sich nicht
und ist darum geschätzt.
Er rühmt sich nicht
und ist darum berühmt.
Er bewundert sich nicht
und wird darum bewundert.

Weil er nicht streitet,
kann niemand mit ihm streiten.

Ist es nicht wahr,
was die Alten sagten?
Was nachgibt, wird vollkommen.
So waren sie vollkommen.


23 DIE STETIGE WIRKKRAFT DER HALTUNG

Die Natur spricht wenig.
Ein Sturmwind dauert keinen Morgen.
ein Platzregen dauert keinen Tag.
Beides bewirkt die Natur.

Wenn die Natur nicht dauert,
wieviel weniger der Mensch.

Darum:
Wer dem rechten Weg folgt,
wird eins mit dem Weg.
Wer der rechten Tugend folgt,
wird eins mit der Tugend.
Wer der Leere folgt,
wird eins mit der Leere.

Wer eins wird mit dem rechten Weg,
den nimmt der rechte Weg freudig auf.
Wer eins wird mit der Tugend,
und nimmt die Tugend freudig auf.
Wer eins wird mit der Leere,
den nimmt die Leere freudig auf.

Wer nicht genügend vertraut,
wird kein Vertrauen finden.


24 GEFÄHRDUNG DURCH ÜBERMASS

Wer auf den Zehen steht.
steht nicht gut,
Wer seine Beine spreizt,
geht nicht gut.
Wer sich zur Schau stellt,
ist nicht erleuchtet.
Wer selbstgerecht ist,
wird nicht geachtet.
Wer sich selbst rühmt,
hat keine Ehre.
Wer sich selbst bewundert,
hat keine Größe.

In Hinblick auf den rechten Weg
ist dies nutzlose Übertreibung,
jeder verabscheut es.

Darum:
Wer auf dem rechten Weg ist,
hält sich nicht damit auf.


25 DAS TAO DER GRÖSSE

Ehe Himmel und Erde entstanden,
bestand ein geheimnisvoll Unbestimmtes
schweigend, abgeschieden,
einzig und unwandelbar,
ewig kreisend in Bewegung,
es gilt als Mutter der Welt.

Ich kenne seinen Namen nicht,
ich nenne es Tao,
sein Name ist groß,
groß heißt vergehend,
vergehend heißt entfernt,
entfernt heißt wiederkehrend.

Darum:
Das Tao ist groß,
der Himmel ist groß,
die Erde ist groß,
der Mensch ist auch groß,
das sind die vier Großen des Alls.

Der Mensch ist einer davon.
Der Mensch folgt der Erde,
die Erde folgt dem Himmel,
der Himmel folgt dem Tao,
Das Tao folgt sich selbst.


26 DIE KRAFT DES SCHWEREN

Das Schwere begründet das Leichte.
Die Stille beruhigt das Laute.

Darum reist der Weise leicht
und nimmt das Schwere mit sich.
Glanz lässt ihn gelassen.

Wenn der Herrscher
die Welt leichtnimmt,
wird er leichtfertig
und verliert den Halt,
wird er rastlos,
verliert er die Herrschaft.


27 DER GESCHICKTE AUSTAUSCH VON INFORMATION

Ein guter Weg hat keine Spur,
eine gute Rede keine Schrift,
ein guter Rechner keine Rechnung,
ein gutes Tor keinen Riegel
– und ist doch nicht zu öffnen,
ein guter Knoten zieht nicht fest
– und ist doch nicht zu lösen.

Darum der Weise
nimmt sich aller Menschen an
und schließt niemanden aus.
Er nimmt sich aller Dinge an
und verwirft nichts.
Er erhellt alles.

So ist der Weise
dem Schwachen ein Lehrer,
der Schwache
dem Weisen eine Hilfe.
Wer den Lehrer nicht schätzt
und die Hilfe nicht annimmt,
geht in die Irre,
so klug er auch sein mag.
Darin liegt das Geheimnis.


28 DIE WIRKKRÄFTE EINEN

Erkenne das Männliche,
bewahre das Weibliche,
darauf beruht die Welt.
Wer die Welt bewahrt,
ist der Tugend nah
wie ein kleines Kind.

Erkenne das Helle,
bewahre das Dunkle,
sei der Welt ein Vorbild.
Wer der Welt ein Vorbild ist,
erhält die Tugend
und kehrt zurück
ins Unendliche.

Erkenne den Ruhm,
bewahre die Bescheidenheit,
sei die Tiefe der Welt.
Wer die Tiefe der Welt ist,
ist von Tugend erfüllt
und kehrt zurück
ins Einfache.

Wer das Einfache teilt,
macht daraus Nützliches.
Macht der Weise sich nützlich,
wird ein Beamter aus ihm.

Darum teilt das Tao nicht.


29 DER WEG DER NICHTEINMISCHUNG

Wer sich der Welt bemächtigen
und sie verändern will,
dem wird es nicht gelingen,
denn die Welt ist ein heiliges Gefäß,
sie kann nicht verbessert werden.
Wer sie verändert, verdirbt sie,
wer sie festhält, verliert sie.

In der Ordnung der Natur
ist Führen und Folgen,
Einatmen und Ausatmen,
Stärke und Schwäche,
Aufstieg und Fall.

Darum meidet der Weise
das Großartige,
das Besondere,
das Übermaß.


30 DEN FÜHRER FÜHREN

Wer auf dem rechten Weg
den Herrscher berät,
ist gegen Waffengewalt.

Unter Waffen gehen
heißt untergehen.
Hinter den Heeren
wachsen Disteln und Dornen.
Große Armeen
bringen große Armut.

Erreiche dein Ziel,
das ist genug.
Vertraue nicht den Waffen.
Erreiche dein Ziel
ohne Stolz,
ohne Prahlen,
ohne Hochmut,
aus Notwendigkeit,
aber hüte dich
vor der Gewalt.

Denn nach dem Sieg
folgt der Niedergang
ohne den rechten Weg.

Ohne den rechten Weg
geht es rasch zu Ende.


31 DIE ANWENDUNG DER GEWALT

Waffen sind Werkzeuge des Unglücks,
bei allen Geschöpfen verhasst.
Wer den rechten Weg geht,
der lässt sie liegen.

Der Weise liebt das Schöpferische,
der Krieger liebt das Zerstörerische.
Waffen sind Werkzeuge des Unglücks
und nicht Werkzeuge des Weisen.
Er verwendet sie nur,
wenn er keine Wahl hat.
Ruhe und Friede sind ihm das Höchste.

Und ein Sieg ist kein Grund zur Freude.
Freude am Siegen ist Freude am Töten.
Wer jedoch Freude am Töten hat,
wird in der Welt keine Erfüllung finden.
Wenn viele Menschen getötet werden,
müssen sie voll Kummer betrauert werden.
Darum ist jeder Sieg eine Trauerfeier.


32 DIE GRENZEN DER SPEZIALISIERUNG

Der rechte Weg ist ewig,
von namenloser Schlichtheit,
und obwohl unscheinbar,
kann er nicht erfasst werden.

Wären die Herrscher fähig,
den Weg zu bewahren,
würden alle Wesen folgen.
Himmel und Erde sich vereinigen,
um süßen Tau zu regnen,
und das Volk, ohne Zwang,
wäre redlich und einig.

Beginnt die Unterscheidung,
so entstehen Begriffe.
Wenn Begriffe auftauchen,
ist es besser innezuhalten.
Weiß man innezuhalten,
entsteht keine Gefahr.

Der rechte Weg ist in der Welt,
wie Bäche und Flüsse
in den Strömen und Meeren.


33 SICH SELBST BEZWINGEN

Wer andere kennt ist klug,
wer sich selbst kennt ist weise.
Wer andere überwindet ist stark,
wer sich selbst überwindet ist mächtig.

Wer genügsam ist, der ist reich,
wer beharrlich ist, der ist ausdauernd,
wer seine Mitte nicht verliert, der dauert,
Wer stirbt, doch nicht vergeht,
lebt in ewiger Gegenwart.


34 DAS SICH ENTFALTENDE TAO

Das große Tao fließt überall,
rechts oder links,
alle Wesen vertrauen ihm
und werden nicht enttäuscht.
Ist das Werk vollendet,
fordert es nichts.

Es kleidet und nährt alle Wesen,
ohne sie zu beherrschen,
ohne Denken, ohne Ziel,
erscheint es sehr klein.

Es ist die Heimat aller Dinge,
ohne sie zu beherrschen,
erscheint es sehr groß.

Es bewirkt Großes,
jedoch nicht für sich selbst.
Darum ist es wahrhaft groß


35 DAS NICHTWAHRNEHMBARE GEWAHREN

Folge dem Einen Weg,
und die ganze Welt folgt,
ohne Leid und in Frieden
in ruhigem Gleichgewicht.

Bietet sich Musik und Speise,
bleibt der Wanderer gerne stehen.

Der rechte Weg jedoch
ist ohne Wohlklang und Würze.
Bei allem Schauen
ist er nicht zu sehen.
Bei allem Lauschen
ist er nicht zu hören.

Sein Nutzen ist ohne Ende,
er erschöpft sich nie.


36 DIE ÜBERLEGENHEIT VERBERGEN

Was geschmälert werden soll,
muss zuvor ausgedehnt werden.
Was geschwächt werden soll,
muss zuvor verstärkt werden.
Was gestürzt werden soll,
muss zuvor erhöht werden.
Was genommen werden soll,
muss zuvor gegeben werden.

Dies erkennen heißt,
die tiefen Zusammenhänge erkennen:
Das Weiche und Schwache
überwindet das Harte und Starke.

Fische sollen in der Tiefe des Wassers bleiben.
Eine große Macht soll ihre Überlegenheit nicht zeigen.


37 DIE KRAFT IN DER WUNSCHLOSIGKEIT

Das Tao handelt nicht,
doch nichts bleibt ungetan.
Wären die Herrscher fähig,
dem rechten Weg zu folgen,
würden alle Menschen
sich ihrer Natur nach entfalten.

Das Begehren zu handeln
kann nur durch das Einfache,
das Namenlose und Ursprüngliche
gestillt werden.

Das Einfache ist wunschlos.
Das Wunschlose ist ohne Tun,
und die Welt ordnet sich von selbst.


38 ABSICHTSLOSE KRAFT

Der Weise strebt nicht nach Weisheit,
darum ist er weise.
der Wohlwollende strebt nach Weisheit,
darum ist er nicht weise.

Der Weise handelt nicht, ohne Absicht.
der Wohlwollende handelt nicht, mit Absicht.
Der Menschliche handelt ohne Absicht,
der Gerechte handelt mit Absicht,
der Gesetzestreue handelt
und folgt ihm keiner,
erzwingt er es.

Darum:
Wenn die Weisheit verlorengeht,
herrscht Wohlwollen.
Wenn das Wohlwollen verlorengeht,
herrscht Menschlichkeit.
Wenn die Menschlichkeit verlorengeht,
herrscht Gerechtigkeit.
Wenn die Gerechtigkeit verlorengeht,
herrscht Gesetzestreue.

Doch die Gesetzestreue
ist nur dürftige Redlichkeit,
und der Beginn der Verwirrung.
Wissen ist nur glänzender Schein
und der Beginn der Unwissenheit.

Darum verweilt der Weise
bei der Fülle des Tao,
nicht bei dessen Dürftigkeit,
bei seiner Wirklichkeit
nicht bei dessen Schein.
Darum lässt er jenes
und nimmt dieses an.


39 EINSSEIN IN DER FÜHRUNG

Einst war alles im Einklang mit dem Einen:

Der Einklang des Himmels schafft Klarheit,
der Einklang der Erde schafft Beständigkeit,
der Einklang der Geister schafft Erleuchtung,
der Einklang der Quellen schafft Fülle,
der Einklang der Wesen schafft Leben,
der Einklang der Herrscher schafft Frieden.

Ohne Klarheit würde der Himmel zerbrechen,
ohne Beständigkeit würde die Erde zerfallen,
ohne Erleuchtung würden die Geister vergehen,
ohne Fülle würden die Quellen versiegen,
ohne Leben würden die Wesen sterben,
ohne Frieden würden die Herrscher stürzen.

Darum ist das Niedrige die Wurzel des Hohen,
das Demütige die Grundlage des Erhabenen.
Darum betrachten sich die Herrscher als gemein,
weil sie im gemeinen Volk wurzeln.

Wer die Teile des Ganzen entfernt.
zerstört das Ganze.

Glänze nicht wie Jade,
sei einfach, wie ein Stein.


40 DER WEG

Wiederkehr ist der Weg des Tao.
Nachgiebigkeit die Weise des Tao.
Alles wird aus dem Sein geboren,
das Sein jedoch aus dem Nicht-Sein.


41 DAS PARADOXE MEISTERN

Wenn der Kluge vom rechten Weg hört,
bemüht er sich, ihm zu folgen.
Wenn der Mittelmäßige von ihm hört,
folgt und verliert er ihn.
Wenn der Törichte von ihm hört,
lacht er schallend.
Wenn er nicht darüber lacht,
wäre es nicht der rechte Weg.

Darum heißt es:
Der rechte Weg verschwindet im Dunkel,
ein Schritt voran ist wie ein Schritt zurück,
der ebene Weg scheint wie ein Auf und Ab.

Die höchste Tugend erscheint wie niedrig,
der größte Wert erscheint wie unwert,
der wahre Reichtum wie unzureichend,
innere Stärke erscheint wie Schwäche,
die reine Wahrheit erscheint wie Täuschung.

Der vollkommene Raum hat kein Ende,
das vollkommene Gefäß keine Form,
der vollkommene Klang keinen Ton,
die vollkommene Form kein Bild.
Der rechte Weg ist verborgen und namenlos,
er erhält und vollendet alles.


42 DIE POLARITÄT KENNEN

Aus dem Tao entsteht die Einheit,
aus der Einheit der Gegensatz,
aus dem Gegensatz die Vielfalt,
aus der Vielfalt die ganze Welt.

Die ganze Welt
trägt in sich das dunkle Yin
und um sich das lichte Yang,
durch die Kraft der Leere
bleiben diese im Einklang.

Die Menschen wollen nicht
einsam und unwürdig sein,
und doch bezeichnen sich
die Herrscher gerade so.

Denn man gewinnt durch Verlust
und verliert durch Gewinn.
Was andere lehren, das lehre auch ich:
Ein starker Herrscher
nimmt kein gutes Ende.

Das ist der Ursprung meiner Lehre.

Das Nachgiebige überwindet das Starre.
Das Formlose durchdringt die Form.
Deshalb weiß ich:
Wirken entsteht durch Nicht-Tun.

Lehren ohne Worte,
Wirken ohne Tun,
wenigen gelingt dies.


43 SUBTILE KRÄFTE

Die Veränderung siegt immer über das Bestehende.
Die Gegensätze sind in Wirklichkeit zusammenhängend.
Deshalb weiß ich:
Der Verzicht auf absichtsvolles Handeln bringt trotzdem Gewinn.

Belehrung ohne Worte, Vollendung ohne Tun,
das erreichen nur sehr wenige in dieser Welt.


44 DIE KRAFT IN DER GENÜGSAMKEIT

Ruhm oder Leben,
was zählt mehr?
Besitz oder Leben,
was wiegt mehr?

Besitz gewinnen,
sich selbst verlieren,
was ist schlimmer?

Wer viel begehrt,
verausgabt sich.
Wer viel besitzt,
verliert sich.

Wer Fülle meidet,
erreicht Erfüllung.
Wer inne hält,
erhält inneren Halt
und bleibt
sich selbst erhalten.


45 DIE LEERE NUTZEN

Die größte Vollkommenheit:
erscheint sie unvollkommen,
so ist sie brauchbar.

Die größte Fülle:
erscheint sie leer,
so ist sie unerschöpflich.

Das höchst Gerade ist wie krumm,
das höchst Gescheite ist wie dumm,
das höchst Beredte ist wie stumm.

Bewegung überwindet Erstarrung,
Besonnenheit überwindet Erregung.

Stille und Klarheit
bewirken Ordnung
in der Welt.


46 WISSEN, WAS GENUG IST

Wenn die Welt dem rechten Weg folgt,
ziehen die Pferde den Jauchewagen.
Wenn die Welt den rechten Weg verlässt,
züchtet man Streitrosse an den Grenzen.

Keine größere Schwäche
als das Begehren.
Kein größeres Unheil
als Unzufriedenheit.
Keine größere Sünde,
als die Habgier.

Erkenne darum,
dass genug genug ist
und immer genügen wird.


47 DAS INNERE WISSEN AUSBILDEN

Ohne aus dem Haus zu gehen,
kannst du die Welt erkennen.
Ohne aus dem Fenster zu sehen,
kannst du den rechten Weg erkennen.
Je weiter deine Reise dich fortführt,
desto geringer deine Erkenntnis.

Darum der Weise:
erkennt ohne zu reisen,
versteht ohne zu sehen,
vollendet ohne zu handeln.


48 DIE KUNST DES NICHTHANDELNS

Wer Gelehrsamkeit sucht,
lernt täglich dazu.
Wer den rechten Weg sucht,
verliert täglich etwas
weniger und weniger,
bis das Nicht-Tun erreicht ist.
Wird nichts mehr getan,
bleibt nichts ungetan.

Durch Nicht-Tun
wird die Welt gewonnen.
Durch Tun
wird die Welt verloren.


49 DAS BEWUSSTSEIN ÖFFNEN

Der Weise hat keine Sorge um sich,
er hat Sorge um alle Menschen.

Er ist gut zu den Guten,
er ist gut zu den Schlechten,
denn Tugend ist Güte.

Er ist ehrlich zu den Ehrlichen,
er ist ehrlich zu den Unehrlichen,
denn Tugend ist Ehrlichkeit.

Der Weise lebt behutsam und demütig,
alle richten ihre Herzen auf ihn,
er achtet alle wie seine Kinder.


50 DIE KUNST DES ÜBERLEBENS

Mit der Geburt,
tritt der Tod ins Leben.

Es sind dreizehn Pfade des Lebens,
es sind dreizehn Pfade des Todes,
dreizehn Pfade vom Leben zum Tode.

Warum ist das so?
Weil die Menschen
innerhalb des Lebens
ihr Leben verschwenden.

Jedoch wer das Leben recht zu führen weiß,
der durchwandert die Welt
und trifft weder Nashorn noch Tiger,
der geht durch ein Kriegsheer
und trägt weder Panzer noch Waffe.

Das Horn des Nashorns findet ihn nicht.
Die Pranke des Tigers findet ihn nicht.
Die Waffe des Kriegers findet ihn nicht.

Warum ist das so?
Weil der Weise
außerhalb des Todes
sein Leben bewahrt.


51 DIE KRAFT TEILNAHMSLOSER FÖRDERUNG

Alle Wesen entstehen aus dem Tao.
Der rechte Weg erzeugt sie,
die rechte Tugend nährt sie,
das rechte Wesen formt sie,
der rechte Einfluss vollendet sie.

Darum ehren alle Wesen das Tao
und achten die Tugend.
Tao wird geehrt,
die Tugend geachtet,
ohne Anordnung
wie von selbst.

Denn
der rechte Weg erzeugt sie,
die Tugend nährt sie,
versorgt und beschirmt sie,
lässt sie wachsen und reifen.
Erzeugen und nicht besitzen.
Wirken ohne zu erwarten.
Fördern ohne zu beherrschen.

Das heißt tiefe Tugend.


52 RÜCKKEHR ZUR EINSICHT

Der Anfang der Welt,
ist die Mutter der Welt.
Wer die Mutter erkennt,
erkennt sich als Kind,
wer als Kind sich erkennt,
bewahrt seine Mutter
und fürchtet das Ende nicht.

Wer seine Worte mindert
und seine Türen schließt,
ist am Ende mühelos.

Wer seine Worte mehrt
und geschäftig handelt,
ist am Ende hoffnungslos.

Das Beachten des Kleinen,
nennt man Klarheit.
Das Bewahren der Nachgiebigkeit,
nennt man Stärke.

Dem inneren Licht zu folgen,
führt zur Einsicht zurück
und bewahrt vor Unheil.

Das heißt:
Die Erfahrung des Unendlichen.


53 DER UNGETEILTE PFAD

Wer Erkenntnis gewinnt,
geht auf dem rechten Weg.
und vermeidet alle Umwege.
Der rechte Weg ist gerade,
das Volk liebt die Umwege.

Der Hof prächtig geschmückt,
die Felder voll Unkraut,
die Scheunen leer,
die Kleider voll Prunk,
mit scharfem Dolch gegürtet,
übersatt von Trank und Speise,
sind Schätze und Reichtümer angehäuft.

Das ist Maßlosigkeit und Räuberei
und sicher nicht der rechte Weg.


54 GRUNDLEGUNG EINER UNIVERSALEN SEHWEISE

Gut Gegründetes wird nicht erschüttert,
gut Gehegtes wird nicht entgleiten,
so wird es von den Nachfahren
gepflegt und geachtet.

Entwickle Tugend in dir selbst,
und die Tugend wird wahrhaft sein.
Entwickle Tugend in der Familie,
und die Tugend wird reichlich sein.
Entwickle Tugend im Dorf,
und die Tugend wird gedeihen.
Entwickle Tugend im Staat,
und die Tugend wird wachsen.
Entwickle Tugend in der Welt,
und die Tugend wird überall sein.

Darum:
Betrachte den Einzelnen als Einzelnen,
betrachte die Familie als Familie,
betrachte das Dorf als Dorf,
betrachte den Staat als Staat,
betrachte die Welt als Welt.
Warum weiß ich,
dass die Welt so ist?
Eben durch dieses.


55 DIE KRAFT IM NICHTSTREITEN

Wer von Tugend erfüllt ist,
ist wie ein neugeborenes Kind,
giftige Insekten stechen es nicht,
wilde Bestien beißen es nicht.
Raubvögel greifen es nicht,
Seine Knochen sind weich,
seine Muskeln sind schwach,
aber sein Griff ist fest.

Es weiß noch nichts von Mann und Frau,
doch sein Geschlecht
zeigt und erregt sich schon.

Es ist voller Lebenskraft,
es schreit den ganzen Tag
und wird davon nicht heiser,
in vollendetem Einklang.
Das Wissen vom Einklang
ist das Unendliche.
Das Wissen vom Unendlichen
ist die Erleuchtung.

Zunehmendes Alter bringt Unheil,
zunehmender Willen bringt Stärke,
zunehmende Stärke bringt Erstarrung.

Das ist nicht mehr der rechte Weg,
daher geht es bald zu Ende.


56 DAS EINSSEIN ERLANGEN

Wer weiß, redet nicht,
wer redet, weiß nicht.

Beende das Gerede,
schließe die Türen,
dämpfe den Eifer,
löse die Verwirrung,
mindere den Glanz,
finde den Grund.

Das heißt eins werden mit dem Ursprung.

Wer dies erreicht hat,
wird von Liebe und Hass nicht erschüttert,
wird von Gewinn und Verlust nicht berührt,
wird von Ehre und Schande nicht betroffen,
Darum wird er von allen geschätzt.


57 DIE KRAFT IN DER MÜHELOSIGKEIT

Durch rechtschaffene Leitung des Staates,
durch seltenen Gebrauch der Waffen,
durch Nicht-Tun gewinnst du die Welt.

Woher ich weiß, dass dies so ist?

Darum:
Je mehr Verwaltung umso mehr Armut,
je mehr Waffen umso mehr Gewalt,
je mehr Geschick umso mehr Hinterlist,
je mehr Gesetze umso mehr Verbrechen.

Darum sagt der Weise:
Tue nichts,
und das Volk wandelt sich von selbst,
Achte auf die Stille,
und das Volk bessert sich von selbst.
Sei ohne Mühe,
und das Volk versorgt sich von selbst.
Sei ohne Wunsch,
und das Volk bescheidet sich von selbst.


58 DIE MITTE AUSBILDEN

Ist die Regierung kaum spürbar,
ist das Volk redlich und einfach.
Ist die Regierung aber ehrgeizig,
ist das Volk verschlagen und falsch.

Erfolg stützt sich auf Elend.
Erfolg birgt Elend unter sich.
Wer kennt das Ende?

Recht wird zu Unrecht,
Ordnung zu Unordnung,
und die Verwirrung wächst.

Daher ist der Weise
klar aber nicht verletzend,
treffend aber nicht einmischend,
freimütig aber nicht rücksichtslos,
erhellend aber nicht blendend.


59 DER WEG DER MÄSSIGUNG

Im Sorgen für andere
und im Dienste des Himmels,
ist nichts so wichtig
wie die Mäßigung.

Mäßigung bedeutet frühes Nachgeben.
Frühes Nachgeben bedeutet
Sammeln der Tugend.

Mit gesammelter Tugend
ist nichts unerreichbar.
Ist nichts unerreichbar,
gibt es keine Grenzen.
Gibt es keine Grenzen,
ist das Reich regierbar.

Im Einklang mit dem Mütterlichen
kann der Staat bestehen und gedeihen.

Das heißt:
Tiefe Wurzeln und ein fester Grund
bieten Sicherheit und langes Leben,
wenn der rechte Weg beachtet wird.


60 DIE POSITION HALTEN

Ein großes Reich regieren
ist wie das Braten kleiner Fische.

Auf dem rechten Weg
das Reich regieren –
dann wird das Böse
keine Macht haben.

Nicht, dass das Böse nicht mächtig wäre.
Aber seine Macht wird niemand schaden,
Nicht nur wird sie niemandem schaden,
auch die Herrscher schaden niemandem.

Da die Tugend sie verbindet,
tun beide keinen Schaden.


61 DIE KRAFT IN DER BESCHEIDENHEIT

Ein großes Reich sollte bescheiden sein,
um die Welt in sich zu sammeln
wie die Mutter der Dinge.

Denn das Weibliche
überwindet das Männliche
durch Nachgiebigkeit.

Darum:
Stellt sich ein großes Reich
unter ein kleines Reich,
so gewinnt er das kleine Reich dazu.
Stellt sich ein kleines Reich
unter ein großes Reich,
so gewinnt es das große Reich dazu.

Darum:
Wer siegen will,
muss sich beugen.
Wer herrschen will,
muss dienen.

Denn die großen Reiche wollen einen und fördern,
die kleinen Reiche wollen beitreten und aufgehen.

Um dies zu erreichen,
muss das Große sich beugen.


62 DAS TAO IN FÜHRERN

Der rechte Weg ist
der Ursprung aller Dinge,
den guten Menschen ein Schatz,
den schlechten Menschen ein Schutz.

Schöne Worte können Ansehen erkaufen,
gute Taten können Achtung gewinnen,
schlechte Menschen soll man nicht aufgeben.

So wird auch der Herrscher gekrönt,
und die Regierung eingesetzt.

Mag er auch jene bevorzugen,
die ihren Reichtum zeigen
oder ihm vorauseilen,
besser ist es,
in Stille und Ruhe zu sitzen
und dem rechten Weg zu folgen.

Was aber war der Grund
von jeher das Tao zu verehren?
Die Alten sagten:
Wer sucht, der findet.
Wer seine Fehler erkennt,
dem wird vergeben.

Darum ist es der wahre Reichtum der Welt.


63 DER PFAD DES GERINGSTEN WIDERSTANDES

Tue durch Nicht-Tun.
Wirke ohne Handeln.
Genieße ohne Reiz.
Vergrößere das Kleine.
Vermehre das Wenige.
Vergelte Feindschaft mit Wohlwollen.

Plane das Schwierige im Leichten.
Erreiche das Große im Kleinen.
Denn das Schwierige beginnt im Leichten.
Und das Große beginnt im Kleinen.

Daher versucht der Weise
nichts Großes zu tun
und vollendet Großes.

Doch wer viel verspricht,
hält zumeist wenig,
wer viel leichtnimmt,
findet alles schwer.

Darum hält der Weise
alles für schwer
und findet es leicht.


64 DIE KRAFT IM ANFANG

Ruhiges ist leicht zu halten.
Offenes ist leicht zu planen.
Dünnes Eis ist leicht zu schmelzen.
Feiner Staub leicht zu zerstreuen.

Wirke auf die Dinge bevor sie erschienen sind.
Ordne die Dinge bevor sie verwirrt sind.
Ein großer Baum wächst aus einem kleinen Spross.

Ein großer Turm entsteht aus einem Häufchen Erde.
Eine große Reise beginnt mit dem ersten Schritt.

Wer handelt, verdirbt – wer festhält, verliert.
Weil der Weise nicht handelt, verdirbt er nichts.
Weil er nicht festhält, verliert er nichts.

Die Menschen aber handeln
und vor der Vollendung zerstören sie alles,
wären sie am Ende so behutsam wie zu Beginn,
bliebe es unzerstört.

Darum der Weise
wünscht wunschlos zu sein,
schätzt keine Schätze,
erlernt das Vergessen,
achtet das Unbeachtete,
fördert alle Wesen in ihrer Natur,
ohne einzugreifen.


65 GEFÄHRDUNG DURCH KLUGHEIT

Die von jeher dem rechten Weg folgten,
lehrten dem Volk keine Klugheit,
sie wollten, dass es einfach bleibe.
Wenn das Volk zuviel Klugheit anhäuft,
ist es schwer zu regieren.

Förderung der Klugheit
führt zur Unordnung im Reich.
Förderung der Einfachheit
führt zur Ordnung im Reich.

Diese beiden Möglichkeiten gibt es,
sie zu verstehen ist tiefe Tugend.
Die tiefe Tugend ist klar und weit,
in der Aufhebung der Gegensätze
führt sie zum großen Einklang.


66 DIE KRAFT IM SICH-NIEDRIG-HALTEN

Warum führt das Meer die Ströme,
die Ströme die Flüsse,
die Flüsse die Quellen?
Weil sie niedriger sind als jene.

Darum:
Um über das Volk erhaben zu sein,
muss man sich darunter stellen.
Um dem Volk voran zu gehen,
muss man sich dahinter stellen.

Darum ist der Weise
erhaben ohne das Volk zu bedrücken,
führend ohne dem Volk zu schaden.
So freut sich das Volk ihm zu folgen.
Weil er sich nichts erstreitet,
will niemand mit ihm streiten.


67 DIE KRAFT IM MITLEID

Die Welt sagt das Tao ist groß,
aber unbegreiflich.
Doch nur weil es groß ist,
ist es unbegreiflich.
Könnte es begriffen werden,
wäre es bedeutungslos.

Ich habe drei Schätze,
die ich hüte und bewahre:
Der erste ist: Liebe.
Der zweite ist: Genügsamkeit.
Der dritte ist: Demut.

Wer liebt, kann mutig sein.
Wer genügsam ist, kann großzügig sein.
Wer demütig ist, kann vorangehen.

Wer mutig ist ohne Liebe,
wer großzügig ist ohne Genügsamkeit,
wer vorangeht ohne Demut,
geht ins Verderben.

Die Liebe ist siegreich im Angriff,
unverwundbar in der Verteidigung.
Wen der Himmel behüten will,
den schützt er mit Liebe.


68 NICHTAGRESSIVE STÄRKE

Ein guter Herrscher
braucht keine Gewalt.
Ein guter Krieger
kämpft ohne Zorn,
Ein guter Sieger
greift nicht an.
Ein guter Anführer
hält sich zurück.

Das ist die Tugend der Friedfertigkeit,
des höchsten Umgangs mit Menschen,
die höchste Einheit mit dem Himmel,
das höchste Ziel der Vorfahren.


69 DIE ESKALATION AUFHALTEN

Im Kampf gilt das Sprichwort:
Besser angegriffen werden,
als selber anzugreifen,
besser einen Fuß zurückweichen,
als einen Zoll vorrücken.

Das heißt:
Vorangehen ohne vorzugehen,
zurückhalten ohne zu halten,
abwehren ohne sich zu wehren,
siegen ohne Waffen zu gebrauchen.

Kein größeres Unheil
als leichtfertig anzugreifen.
Wer leichtfertig angreift
verliert leicht seine Schätze.

Darum:
Wo Waffen aufeinanderprallen,
siegt der Nachgebende


70 DAS TAO VERSTEHEN

Meine Worte sind
leicht zu verstehen,
leicht zu befolgen.
Aber auf der Welt
ist niemand fähig,
sie zu verstehen,
sie zu befolgen.

Meine Worte haben einen Ursprung,
meine Taten haben eine Richtung.
Weil sie diese nicht verstehen,
verstehen sie auch mich nicht.
Die wenigen, die sie verstehen,
werden mich schätzen.

Darum trägt der Weise
außen grobe Kleider,
innen kostbare Jade.


71 DIE KRANKHEIT ERKENNEN

Wer nicht weiß, dass er weiß,
ist weise.
Wer weiß, dass er nicht weiß,
ist leidend.
Doch nur wer an diesem Leiden leidet,
leidet darum nicht.

Der Weise leidet nicht,
weil er an diesem Leiden leidet.
Darum leidet er nicht.


72 DIE RECHTE SICHT DER DINGE

Haben die Menschen keine Ehrfurcht,
geschieht das Furchtbare.

Achte ihre Häuser.
Achte ihre Arbeit.
Nur wenn du sie achtest,
werden sie dich achten.

Darum erkennt
der Weise sich selbst,
aber zeigt sich nicht.
Er achtet sich selbst,
aber beachtet sich nicht.

Darum lässt er jenes
und hält sich an dieses.


73 DER WEG DER NATUR

Der Verwegene wird vergehen,
der Besonnene bleibt bestehen.

Von diesen beiden ist
einer im Nachteil,
einer im Vorteil.

Wer kennt die Gründe des Himmels?
Selbst der Weise nicht.

Des Himmels Weg ist,
Überwindung ohne Streit,
Belohnung ohne Worte,
Erscheinung ohne Ruf,
Wirkung ohne Mühe.

Des Himmels Netz ist endlos weit,
so weit die Maschen sind geknüpft,
so schlüpft doch nichts hindurch.


74 UNNATÜRLICHE AUTORITÄT

Wenn die Menschen
den Tod nicht fürchten,
was hilft es,
mit dem Tod zu drohen?

Wenn die Menschen
den Tod stets fürchten,
was hilft es,
den Verbrecher zu fassen,
und zu töten?

Der Tod selbst
ist oberster Vollstrecker.
An seiner Stelle zu töten,
ist wie das Führen der Axt,
anstelle des Zimmermanns.

Wer die Axt führt
anstelle des Zimmermanns,
bleibt selten unverletzt.


75 SELBSTZERSTÖRERISCHE FÜHRUNG

Das Volk hungert,
weil die Oberen prassen.
Darum hungert das Volk.

Das Volk ist ungehorsam,
weil die Oberen Gehorsam erpressen.
Darum ist das Volk ungehorsam.

Das Volk achtet das Leben gering,
weil die Oberen nach dem Leben gieren.
Darum achtet das Volk das Leben gering.

Wer nicht an seinem Leben hängt,
ist würdiger als jener,
der nach seinem Leben giert.


76 DIE KRAFT IN DER ANPASSUNGSFÄHIGKEIT

Der Mensch
tritt ins Leben,
weich und zart,
im Tode ist er
hart und starr.

Alle Wesen
treten ins Leben,
weich und zart,
im Tode sind sie
trocken und hart.

Darum
ist das Harte und Starre
Zeichen des Todes,
das Weiche und Schwache
Zeichen des Lebens.
Ist das Heer starr und stark
wird es untergehen.
Ist der Baum hart und stark
wird er gefällt werden.

Das Harte und Starke vergeht.
Das Weiche und Schwache besteht.


77 DIE KRAFT LENKEN

Der Weg des Himmels
ist wie das Spannen des Bogens:

Das Obere wird heruntergezogen,
das Untere wird emporgehoben.
Das Gebogene wird gestreckt,
das Gestreckte wird gebogen.

Des Himmels Weg ist
die Fülle zu mindern,
die Leere zu füllen.

Der Menschen Weg
ist jedoch:
denen zu nehmen,
die zuwenig haben,
und denen zu geben,
die zuviel haben

Wer vermag es,
genug zu haben,
und allen zu geben?

Nur jener,
der von Tao erfüllt ist.

Darum wirkt der Weise ohne Erwartung,
vollendet sein Werk ohne Anspruch
wunschlos und vortrefflich.


78 DIE SCHULD AUF SICH NEHMEN

Nichts in der Welt
ist nachgiebiger und weicher als Wasser,
doch nichts ist besser,
um Hartes und Starkes zu überwinden,
dank dem was es nicht ist,
gelingt es ihm leicht.

Das Weiche überwindet das Harte,
das Schwache überwindet das Starke.
Obwohl jeder es weiß,
handelt keiner danach.

Darum sagt der Weise:
Wer das Unheil auf sich nimmt,
vermag das Land zu regieren.
Wer das Unglück auf sich nimmt,
vermag die Welt zu regieren.
Oft klingt die Wahrheit widersinnig.


79 DIE KRAFT IM NICHT-NUTZEN DES VORTEILS

Nach großem Streit
bleibt kleiner Streit.
Wie das ändern?

Der Weise hält sich daher
an seine Seite des Vertrags
und erzwingt nicht die andere.

Wer die rechte Tugend hat,
erfüllt seine Pflichten
und vergißt die Schuld.
Wem die rechte Tugend fehlt,
fordert ein und pocht auf Schuld.

Aber der Weg des Himmels ist gerecht,
er wirkt durch den guten Menschen.


80 DIE UNABHÄNGIGKEIT VOLLENDEN

Klein sei das Reich,
wenige das Volk,
die Güter reich,
der Verbrauch gering,
das Leben wertvoll,
die Reisen kurz.
Boote und Wagen
werden nicht gebraucht.
Rüstung und Waffen
werden nicht verwendet.
Schnüre geknotet,
statt zu schreiben.

Die Speisen schmackhaft,
die Kleidung passend,
die Wohnung friedlich,
die Gebräuche freudig.

Die Nachbarn in der Nähe,
dass Hunde und Hähne
zwar zu hören sind,
aber ohne Besuch
und in Frieden
das Leben zu beschließen.


81 DER REIFE WEG

Wahre Worte sind nicht schön,
schöne Worte sind nicht wahr.
Der Gute streitet nicht,
der Streitende ist nicht gut.
Der Wissende ist nicht gelehrt,
Der Gelehrte unwissend.

Der Weise sammelt keine Schätze.
Je mehr er für andere wirkt,
umso mehr gewinnt er selbst.
Je mehr er den anderen gibt,
umso größer ist sein Reichtum.

Der Weg des Himmels ist
Nutzen ohne Schaden.
Der Weg des Weisen ist
Wirken ohne Mühe.

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