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Es ist ein Zustand des Gemüts möglich, der, dauernd durchgehalten, uns Geld, Ländereien, Begabung, Anmut, Gesundheit und Glück bringen muss.

Es ist ein Zustand: sanft, entschlossen, sicher, heiter, beherrscht – beharrlich auch einem Ziele zugewandt, dem restlos Gutes entfließen soll: erst für andere, dann für uns.

Dann ist da ein anderer Zustand des Gemüts, dauernd durchgehalten, muss er Gedeih und Gesundheit von uns treiben – illusorisch machen, was Talent und Fleiß sich ermüht. Nur der kleinste Teil alles Existierenden im Universum kann gesehen, gehört, getastet: von den groben fünf Körpersinnen aufgenommen werden.

Dann folgen jene feineren Emanationen aus den Geschöpfen: die Aura von Mineralen, Pflanzen, Tieren, Menschen – mit dem Instinkt erfassbar als Heilwirkung, als Sympathie oder Aversion, doch auch diese hochübergeordneten Funktionen wie die der Intelligenz, Taten der Seele, bilden ein ätherisches Kontinuum mit Verdichtungszentren, Gegenden hohen oder niederen Geistdrucks, Regionen seliger Calmen und orgiastischer Taifune, denn alles Gedachte oder Empfundene IST.

Noch fehlen unserer Chemie, unserer Physik die feinen Reagenzien und Instrumente, alle Vorgänge des spirituellen Äthers ins Fünfsinnliche zu transponieren oder besser gesagt zu reduzieren, doch scheint dies weder nötig noch erstrebenswert, da wir ja das alles sind. Gnothi seauton: Erkenne Dich selbst; statt feine, tote Instrumente zu verbessern, verbessere und kläre die inneren Sinne, damit deine Merkwelt völlig in deine Wirkungswelt hineinwachse. Jetzt ist das noch ein recht unheimlicher Zustand: Wirkungen, die man weder kennt noch beabsichtigt, noch beherrscht, unaufhörlich hilflos in einen unbekannten Ätherschoss hineinzeugen zu müssen, aus dem sie dann irgendwann, ausgereift zu Gott weiß was, wieder zurück in unsere Merkwelt stürzen können.

Wären wir nicht so ungleich noch entwickelt, alle Realitäten in der Wirkungswelt lägen uns offen; wir könnten weißagen, und es wäre ebensowenig wunderbar, als dass ein Mensch, lehnte er sich zu einem geöffneten Fenster hinaus, zwei Straßenbiegungen übersehend, einen Zusammenstoß „weißage“, von dem weder die rechtwinklig aufeinander Losstürzenden draußen noch die im Zimmer drinnen etwas vorhergesehen.

In dem Maße, als unsere Intuition strebend, suchend, wünschend wächst (das Fenster aufmacht), werden immer mehr solcher Realitäten sich offenbaren. Was immer gedacht wird, wird erschaffen. Denkend erschaffst du unaufhörlich Realitäten. Was du eine Sekunde lang denkst, hat Sekundenrealität. Denkst du es Stunden, Tage, Jahre, so wird es schließlich dir in der Körperwelt erscheinen müssen, stark und schwer geworden von deinem Fluidum.

Was immer du denkst, zieht seinesgleichen aus dem Unsichtbaren an sich. Verweile innerlich bei irgendeiner Form von Verbrechen, und du wirst verbrecherische Wirklichkeiten aus der verborgenen Seite des Lebens zu dir herüberbringen. Dieses – die verborgenen und unsichtbaren Kräfte sind es, die dir erst die materiellen Bedingungen für das Verbrechen hüben – auf dieser Seite der Existenz in den Weg schieben.

Liest du in deinem Leibblatt jeden Morgen mit Gier von Morden, Einbrüchen, Skandalen und Schrecken zu Land und See, dann ziehst du Unsichtbares von gleicher Art an. Du setzest dich in Rapport mit einer niedrigeren Ordnung spirituellen Geschehens, und also von diesem durchströmt und ihm gleichgerichtet, bist du seiner Wirkungswelt auch im Leiblichen leichter ausgesetzt. Es wird wahrscheinlicher, dass auch dich etwas aus der Region der Schrecken treffe, besonders wenn du dich jahraus, jahrein auch noch während einer Mahlzeit (dem ersten Frühstück) – also im Zustand aufnehmender Passivität – diesen Einflüssen hingibst. Vielleicht erweist es sich doch nicht als gar so „überlebt“, wie der neunmalgerissene weiße Barbar meint, dass die „kindlichen“ verinnerlichten Völker des Ostens den Morgen lieber mit einer Sonnenhymne oder dem: om mani padme hum – einweihen statt mit der Lektüre des „Daily swinickl!“.

Alles ist strömende Wirklichkeit im Unsichtbaren, und in die Strömungslinie des Niederen, Grauenvollen und Gemeinen gerät, wer seinen Geist darein taucht… sei es auch nur als interessierter Zuhörer, leicht und wohlig angegruselt in der irrtümlichen Meinung, ja „weit vom Schuß zu sein“. Aber der Kontakt ist dann einmal hergestellt, und mit dem eröffneten Strom treiben die Elemente des Übels und Verbrechens herein. Wer es liebt, von Einbrüchen, Raubüberfällen und Diebstählen zu lesen, der und sein Haus werden eher Einbrüchen und Überfällen ausgesetzt sein. Er und der Dieb kommen zusammen, weil beide in dem gleichen Gedankenstrom treiben, ohne dass einer von beiden sich der Macht bewusst wäre, die sie zusammenführt. Keine Macht aber ist so unwiderstehlich wie eben jene, von deren Einfluss… ja, von deren bloßer Existenz wir nichts wissen – ihr folglich keinerlei Widerstand entgegenzusetzen versuchen.

Wer zehn Sekunden lang etwas Scheußliches und Grauenvolles sich vorstellt – etwas, das einem anderen Qual oder Verzweiflung an Leib und Geist bringen soll, hat eine Kraft in Bewegung gesetzt, um etwas davon auch auf sich selbst herabzuziehen.

Wer zehn Sekunden lang etwas Holdes und Liebliches sich vorstellt – das einem anderen Freude – ohne Stachel, ohne Schatten bringen soll, hat eine Kraft in Bewegung gesetzt, um etwas von dieser holden Freude auch auf sich herabzuziehen.

Je länger einer, im Guten oder Bösen, den Sinn auf ein Ding richtet, desto stärker macht er seine unsichtbare Wirklichkeit. Endlich muss es, immer mit neuer Gedankensubstanz genährt, in der „sichtbaren“ Welt – sie ist nur die dichteste Stufe des „Unsichtbaren“ – zu einem Agens von Freud und Leid ausreifen.

Den Geist willkürlich und unverrückbar auf ein Ziel richten… eine gewollte Stimmung, sagen wir die heiterer Entschlossenheit, beliebig lang halten können, ist heute nicht allzu häufig.

Was denken so die Leute um einen herum vor sich hin: den Wochenlohn bekommen, die Qualität des Bieres, vielleicht ein Ausflug. Bei den Weibern, da ist es ein ständiges Lauern: auf das neue Modeheft oder die Schneiderin – die Bridgepartie – die Sommerreise. Stets Vordergrund und „faute de mieux“, Lauern mit einem vagen Hintergrund von Erotik; nie stark genug, das Leben zu zwingen… nur es zu zerdehnen – in lauter Vor- und Nachmittage, denen man einzeln und langsam den Hals umdrehen kann und muss. Dann sind da wieder andere mit Seelen gleich Affen im Sommerhaus: das springt mit irrer Gier urplötzlich auf ein Stück Dreck los, kein Mensch weiß warum… zerrt ein bisschen hier lässt’s fallen – zerrt dort – lässt’s wieder fallen! Macht einen Tigersprung in eine Ecke, wo gar nichts ist – beginnt seinen eigenen Schwanz zu jagen – beißt auf einmal einem völlig Unbeteiligten ins Genick – immer voll gänzlich resultatloser Beflissenheit.

Die Oberströmungen im Unsichtbaren sind voll der lichten, holden Dinge – Korrespondenzen aller Güter der Erde und solcher, die noch kein irdisches Auge geschaut. Haben erst die Menschen gelernt, diesen höheren Wirklichkeiten zu trauen – dem so einfachen Mittel, sich mit ihnen in Rapport zu setzen, einzig durch Stimmung -, dann werden sie ihre Gedanken von der lichten Seite des Lebens gar nie mehr abzuwenden willens und fähig sein.

Sie werden erkannt haben, wie es immer leichter erscheint, immer weniger Mühe kostet, Richtung zu halten im wohltätigen Strom, ist erst einmal sein Niveau erreicht – ist es dem menschlichen Empfänger gelungen, sich auf die gleiche Wellenlänge abzustimmen, die kein niedriges Gewirr mehr zu kreuzen vermag; durch alles hindurch, hoch über alles hinweg, ausschließlich von ihresgleichen erregt und durchdrungen!

Wem es zur „zweiten Natur“ – besser noch zur „ersten Natur“ geworden, in diesen höheren Realitäten zu leben, ganz in innerer Sonnigkeit, dem muss Wohlbefinden und Wohlstand auch äußerlich zufließen. Er ist nicht froh, weil es ihm gut geht – es geht ihm gut, weil er froh ist.

Übel jeglicher Art soll nur solange bedacht werden als erforderlich, es auszumerzen: bleibt doch auch keiner länger in einer Senkgrube als absolut zur Reinigung vonnöten. Der letzte Schnupfen, die letzte Verstauchung, das letzte erlittene Unrecht hat so schnell wie möglich aus dem Gedächtnis zu verlöschen, nicht immer wieder zu einem Scheinleben mesmerisiert zu werden durch Brüten, Grübeln und anderen Vorjammern, sowie sich nur irgend Gelegenheit bietet. Die schönen Possessivpronomina vor Gebresten wie etwa: mein Schnupfen, mein Reißen, mein Podagra haben nicht nur im Sprachgebrauch, sondern auch aus dem Bewusstsein zu verschwinden.

Dies ganze Geschwätz und Gedenke rund um Elend, Gebrechen und Verbrechen verletzt die Fähigkeit, gute Dinge herbeizuziehen… ist eine Methode, um Geld aus der eigenen Tasche und Gesundheit aus dem eigenen Körper zu stehlen.

Wohlbefinden kann fast unbegrenzt steigern, wer sich mit gesunden, großen Dingen umgibt, wenn nicht in Wirklichkeit, so zumindest in der Phantasie – mit freien, jungen Tieren, mit Wald und Ozean. Wer nicht das Glück hat, Hunde, Rehe, Vögel zu lebendigen Freunden zu besitzen, träume sich mindestens in sie hinein. Wer sich bedrückt schwach fühlt, ohne die Stadt verlassen zu können, stürze sich im Geist in Sturm und Brandung – oder besuche einen Zirkus,genieße am eigenen Körper mit, was die schönen Pferde, die agilen Clowns, die Akrobaten leisten, und beobachte, wie in dieser Atmosphäre physischer Entfaltung die Sorgen von den Gesichtern der Zuschauer unbewusst abschmelzen.

Was wir die „ziehende Kraft des Gemüts“ hier nennen, ist nicht Sehnsucht nach den Dingen, weil Sehnsucht immer Ungeduld involviert und Leiden bedeutet… Ungeduld aber treibt entweder das Gewünschte fort oder verzögert zum mindesten sein Kommen. Läuft der Gedanke etwa: „Jetzt, hier, gleich will ich es haben – dies ewige Warten, wie ist es mir über… satt hab‘ ich’s… jetzt oder nie“, dann bist du in der falschen Stimmung. Dann vergeudest du deine Kraft in Zanken und Hadern, weil das Erwünschte nicht da ist, und wirfst die Kraft nicht in den Wunsch, wo sie hingehört, sondern in das Nichtdasein des Gewünschten – stärkst also dieses Nichtdasein. Nie sich zersehnen… nie sein Herz herausfressen nach etwas. Das wäre so, als wollte ein Mann in der Rage seinen Wagen zertrümmern, weil er im Schlamm steckengeblieben; besser die Kraft zum Herausziehen verwenden!

Wer die Klippe zertrümmernder Sehnsucht glücklich vermieden hat, darf aber nicht in einen anderen, sehr begreiflichen Fehler verfallen: sich sozusagen äußerlich nur und flächenhaft als Bild sei’s auch Idealbild seiner selbst – am gewünschten Ziel, in der ersehnten Situation sehen.

Nehmen wir an, jemand wünsche sich ein schönes Haus von ganz bestimmter Art zu eigen, darin zu wohnen mit einem geliebten Wesen, so wird es ihn wenig oder gar nicht fördern, vor dem inneren Auge sich und sein Leben in diesem Hause wie auf einem Film abrollen zu lassen. Nicht als Spiegelbild von außen darf er sich sehen… innen muss er sein… im Innern seines erhofften Ich, sonst bliebe er ja sein eigener Zuschauer. Die echte „innere Kraft des Geistes“ würde, in Worte gekleidet, etwa zu lauten haben: „Mein reines, frohes Sein soll sich auch noch an all diesen Dingen ergänzen. Solch ein Haus, solch einen lieben Menschen brauche ich um mich, und ich werde sie haben, vorausgesetzt, ein Wille – weiser als der meine, fände, dass es so recht sei.“

Es muss eben ein Zustand des Herzens sein: ganz positiv und sanft zugleich – sonnig und entschlossen. Nie zweifelnd, verkrampft, ungeduldig oder zersehnt. Um diese – die richtige Stimmung ziehenden Geistes durchzuhalten, ist keineswegs vonnöten, ja nicht einmal wünschenswert, das Gewünschte immer im Sinn zu haben. Der Habitus des Gemüts ist es allein, der Gedeihen, Schönheit und Freude herbeizieht, nicht das unaufhörliche Denken an eine bestimmte, wünschenswerte Sache. Bist du imstande, diese Stimmung im Herzen zu verankern und dabei ganz innerlich und ruhig etwa zu sagen: „Ich werde reisen… ich werde die schönsten Tropenländer sehen“ -, dann magst du ruhig für eine Zeit dieses besondere Ziel wieder vergessen, dich anderweitig unterhalten, auf anderen Gebieten Leistungen vorbereiten, ohne die Kraft im geringsten zu verzögern, die dich auf deine Weltreise schicken wird. Nur jedesmal, wenn dieser Wunsch, fremde Länder zu sehen, wiederkehrt, verbinde ihn aufs neue mit der Stimmung unerschütterlicher Entschlossenheit.

An die serene Grundstimmung im Herzen hänge jedesmal, wie mit einer Scharlachschnur, den jeweiligen Wunsch.

Nicht aber soll man jede Viertelstunde oder jede Stunde oder jeden Tag plötzlich auffahren wie von der Tarantel gestochen – und den stieren Blick ins Leere gerichtet – dem unendlichen Bewusstsein seinen Wunsch imperativisch hinschnauzen wie einen Börsenauftrag durchs Telephon und dann den unterbrochenen Disput mit Kohlenmann oder Köchin wieder aufnehmen.

Du verminderst die „ziehende Kraft“ zum Guten durch Reizbarkeit; verminderst sie auch, sobald du dich niedergeschlagen oder abhängig fühlst. Die Kraft wirkt dann in verkehrter Richtung – nach der üblen Seite hin… desgleichen alle Unrast und Zerfahrenheit. Nach dem Besitz eines anderen gieren – das Gehirn vollstopfen mit erbschleicherischen Plänen – Sorge nähren oder gar Neid und Hass jenen gegenüber, die testamentarisch besser bedacht sein könnten, irgendein fremdes Gut habgierig betrachten – sich an reiche Leute heranmachen in der Hoffnung, dass etwas dabei herausschauen werde – das alles fördert Gemütszustände, um eine Verbindung mit der größten ziehenden Macht hintanzuhalten. Sie führen dich in das Strombett der gemeinen, kriechenden, engen Gedanken. Ein Verlust ist auch, sich hineinziehen zu lassen in die hämischen Vorurteile der einen gegen die anderen – auch nur innerlich Partei zu nehmen am albernen Quark der „Viel zu vielen“.

Du verlierst an Macht, lässt du dich in irgendwelche Konversationen ein mit solchen, deren Standard ein tieferer ist… mag auch deine Überlegenheit dort leichte Triumphe feiern. Du verlierst auch bei noch so geistreichem, witzelndem Zerfleddern fremder Charaktere oder Angelegenheiten, erzeugst und sendest aus dir dann mentale Kräfte – hinderlich, ja entgegengesetzt dem Heraufkommen jener weit mächtigeren Haltung der Menschheit gegenüber einer Emanation aus dir selbst, die direkt nur in das fremde Beste hinübertrifft, alles andere weit unter und hinter sich lassend… ein Kontakt von Kern zu Kern nur -, er ignoriert so weit wie möglich ihre Gedanken, spricht so wenig wie möglich von ihr und mit ihr… hält sie ab von sich mit dem Schild des guten Willens und kämpft jeden Schatten an Hass, Empörung und Verachtung nieder, der als dunkler Zwischenträger mit der Menschheit, wie sie tatsächlich heute ist, dienen könnte… Überbringer all ihrer hämischen Missgunst, ihrer fanatischen, geballten Bosheit gegen den feineren Menschen, den sie auch in seiner Verborgenheit von fern schon wittert. Wirft dieser feinere Mensch ihr das Seil des Hasses zu, ist er verloren, nur eine aktive Wand von Wohlwollen dichtet seine Seele genügend ab…

Du bedarfst der Macht, um höchste Gesundheit, höchsten materiellen Erfolg… ein Hineinwachsen in spirituelle Möglichkeiten ohne Grenzen zu erreichen! Nichts aber schwächt so sehr nach jeder Richtung wie das Heruntersteigen in den übelwollenden und kleinlichen Tratsch. Du steigst damit in die Sphäre des schlechten Blutes und der Fehlschläge… du kleidest dich in Schwäche… wie so viele heute, die elende physische Beschaffenheit und ewigen Misserfolg allem anderen zuzuschreiben gewillt sind, nur nicht der wahren Ursache. Halte dich soviel wie möglich den beeinflussbaren, hemmungslosen, zielirren Leuten fern, dann bleibt die ziehende Kraft in bester Form; wird nicht verdünnt durch wirre, trübe, unruhige Fluida.

Ist ein Zusammentreffen dennoch unvermeidlich, dann mache dich im Vorhinein positiv, d. h. Ströme aussendend, nicht absorbierend… weigere dich innerlich, irgend etwas aus dieser Umwelt in dich hereinzulassen; machst du ihre Affensorgen zu den deinen, wandelt sich deine ziehende Kraft in ihr Gegenteil, denn du absorbierst ihre Defekte – mischst dein Vertrauen mit ihrer Skepsis und verkrüppelst deine Entschlossenheit mit ihrem Zaudern.

Sei kein Pöbelsklave – unter welchem Aspekt er immer erscheine: als Luxuspöbel, Gehirnpöbel, Gewaltpöbel oder… „All­round“ -Pöbel.

Eröffne deine Ideen nur wirklichen Freunden… also einem… wahrscheinlich keinem. Nur wer neidlos dein Bestes will – nicht seine Vorstellung von deinem Besten (der Fehler vieler Eltern) -, ist dir wirklicher Helfer, dann aber in wunderbarem Maß.

Geheimnisse bewahren können, erhöht ihre „ziehende Kraft“ sehr. Wände haben Ohren… sehr lange sogar. Deine Geheimnisse entschlüpfen in den Äther, kommen aus… sprechen „sich“ herum, auch wenn niemand in der Nähe ist… Willst du ein Geheimnis ganz besonders hüten – vergiß es – lasse es, soweit du kannst, im Bewusstsein verblassen… erinnere dich seiner nur, wenn es absolut nicht zu vermeiden… spiele nicht in Gedanken damit. Denn was immer du denkst, machst du; stellst es vorübergehend außer dich heraus in einer allen zugänglichen Substanz hin. Es wird dann vielleicht in ein fremdes Gehirn geweht, taucht dort als flüchtige Ahnung, als Verdacht auf und kann, ausgereift durch deine ewige Wiederholung, endlich dort zur Gewissheit werden. Dass Sexualbeziehungen zwischen zwei Menschen – oft lange, ehe sie de facto eintreten, von ganz Fernstehenden beharrlich behauptet werden, ist, abgesehen von gemeiner Tratschsucht, auf das Gesagte zurückzuführen, denn mit nichts beschäftigen sich die Wesenskerne der noch nicht Vereinigten und doch bereits Verliebten häufiger, bewusst und unbewusst – im Wachen und Schlafen – mögen sie auch getrennt oder gar verfeindet sein in ihrer Vordergrundexistenz.

Jeder große Erfolg beruht auf Geheimhaltung, sonst arbeitet bewusste oder unbewusste Missgunst, hat sie einmal Richtung gewittert, gegen die ziehenden Kräfte. Tausende haben durch unzeitgemäße Offenheit ihr Glück solcherart verkrüppelt.

Auch Maß im Spiel aller Emotionen ist sehr vonnöten, um den mächtigsten Zustand des Gemüts zu züchten – Askese aber – Entsagung in jeder Form, ist zu meiden, reizt sie doch den Stachel unaufhörlicher Sehnsucht… und alle inneren Kräfte stellen sich ausschließlich auf das Entbehrte ein – werden abgelenkt vom ursprünglichen Ziel, um dessentwillen ja die ganze Askese geübt wurde.

Wenn dich etwas belästigt, fasse den Entschluss, dich nicht mehr belästigen zu lassen… mache dich leer und lass es durch die Anschauung hindurchfallen wie einen Plasterstein durch Nebel. Dieser Entschluss allein schon wird die ziehende Kraft erhöhen. Wer den Hang hat, Belästigungen nachzugehen, stärkt nur ihre Macht, ihn noch mehr zu belästigen; zieht sie förmlich auf sich. Den feineren Menschen weißer Rasse erkennt man ja eigentlich daran, dass ihn immer etwas stört. Er hat ja recht. Bei dem optischen, überhaupt sinnlichen Tiefstand des Westens muss schon jedes Durchschnittszimmer dem Augen haften zehntausend Schauer des Ekels durchs Gebein jagen, sollte es aber weise sein, sich seine Überlegenheit der plumpen Nebelplebs gegenüber, ausschließlich durch immerwährendes Übelbefinden zu bekräftigen? – Die Qualität des besseren Menschen sollte eben sein: Feinheit des „Sehens“ mit Kraft des „Über“sehens verbinden zu können!

Nicht sich abstumpfen – innere Abwehrorgane entwickeln, darauf kommt es an. So wie die Natur – gegen das Allergröbste – durch Augenlider gesorgt hat, so ergänze er sie, bildlich gesprochen, durch Ohrenlider!… Dichte sein Getast, seinen Geruchssinn nach Bedarf ab! Es geht dies alles viel leichter, als man glauben sollte, sind nur erst Wollust und Eitelkeit des ästhetischen Märtyrertums überwunden. Widerstehe dem Teufel und er flieht vor dir.

Der Böse wohnt ja oft recht merkwürdig! Das muss man ihm schon lassen: in knarrenden Fensterflügeln – in verspreizten Schubladen (ein Patent von ihm), im Schmatzen des Nächsten ist er zu Hause – auch im Klima. Wer sich erst einmal angewöhnt hat, es „zu kalt“ oder „zu warm“ oder „zu windig“ oder „zu feucht“ zu finden, dem wird es schließlich immer irgend etwas – „zu“ sein.

Gerade die höhere Persönlichkeit läuft leicht Gefahr, sich zu einem Bündel von Idiosynkrasien zu verzüchten.

Eine widerliche Unart am Nebenmenschen, eine Impertinenz oder Flegelei, gemeine Stimme, knarrende Stiefel… diese ganze niedere Umwelt wächst uns rettungslos über den Kopf, lassen wir ihr nur einmal den Größenwahn durchgehen, uns belästigen zu können. Was uns belästigt, beherrscht uns – wer wird sich aber von einem Rüpel beherrschen lassen? Das ist gleichwohl der Fall, gelingt es ihm, uns durch schlechte Manieren aus dem Zimmer zu vertreiben , während ER – bleibt, wenn wir in seiner Gegenwart nicht mehr imstande sind, mit anderen liebenswürdig wie immer zu verkehren… wenn dieser Flegel Gewalt über unsere Sprache erlangt, uns schweigsam und trotzig zu machen vermag!

Nicht jener und seine Unarten… die Stimmung des Belästigtseins in uns muss niedergerungen werden… erst wenn wir ihn psychisch unschädlich gemacht haben, dann gleichsam mit der Gasmaske vor, können wir darangehen, ihm „auf kaltem Weg“ seine schlechten Manieren mit Worten und Taten zu verweisen.

Nur so ist es möglich, hinausgetragen zu werden über die Sphäre der Belästigung. Es wird hier weder verlangt noch behauptet, die Gewohnheit, belästigt zu werden – die Gewohnheit, in morbiden Schilderungen oder Detektivkitsch zu schwelgen, kurz in allem, was „die ziehenden Kräfte des Geistes“ mindert, sei von heute auf morgen zu entwurzeln. Bei keinem psychischen Hang, dessen Entwicklung Jahre, vielleicht ein Leben zur Verfügung hatte, ist solches zu erwarten.

Wie also ist der Hang zu ändern?

Indem man es nicht allzu krampfhaft versucht. Wegdenken auch von Fehlern, sonst mästen sie sich an eben dieser ihnen gewidmeten Aufmerksamkeit. Nie noch hat sich die Menschheit so roh, bösartig und gemein benommen, wie während ihrer „tiefsten Zerknirschung“ in den Jahrhunderten des Christentums. Ganz anständige Leute wurden da vor lauter reuiger Beschäftigung mit ihren vermeintlichen „Sünden“ zu wahren Canaillen.

Ungeduld ist zu Zorn verpuffte Kraft. Ungeduld, weil die gewünschte Reform an dir selbst nicht rasch genug gelingt, bedeutet um ebensoviel ziehende Kraft weniger. Auf solche Art erfließt Schaden aus guten wie aus bösen Motiven. „Guter Glaube“, indem sie begangen wurden, annihiliert nicht die Folgen unserer Fehler.

Es wird die „ziehenden Kräfte“ sehr erhöhen, stammt der rufende Wunsch aus innerer Not… Besteht doch ein großer Unterschied zwischen: Dinge wollen und Dinge brauchen. Manche wollen einfach alles, was sie sehen, während ihnen nur weniges nötig wäre, noch weniger not tut.

Was not tut, sind nicht immer die naheliegendsten Dinge, wiewohl warme Kleidung im Winter gewiss naheliegend und nötig zugleich ist. Es gibt aber einen tiefsten Imperativ für kühne und phantastische Wünsche! Dass mit ihrer Erfüllung erst die Persönlichkeit sich ganz vollende; dass in ihrem scheinbaren Egoismus eben eine Tat und Einzigkeit sich auslöse und offenbare!

Wer aus solchem tiefstem lmperativ heraus fordert – das scheinbar Fernste, Unmöglichste – hat außerordentliche Macht hinter sich, immer wieder vorausgesetzt, es gelinge ihm, die sonnige, sichere Stimmung durchzuhalten – die gehört unbedingt dazu.

Zwei Arten gibt es, das Beste für sich zu fordern: Steigt das „Ich muss“ – „Ich verlange“ aus einem Untergrund von Despotismus und Arroganz… dann hat es wenig Tragkraft, wenig geistigen Auftrieb unter den Flügeln. Außerordentlich aber wird die Wirkung, wenn der innerlichen Stimmung etwa die Worte entsprechen sollten: „Ich verlange gerade diese Sache, weil sie mir not tut; weil es recht ist, dass sie gerade mir werden soll; weil ich fühle, durch sie erst meine ganze Fähigkeit zum Guten entfalten zu können.“

Diese Stimmung ist durchzuhalten: von Monat zu Monat, von Jahr zu Jahr, bis sie unbewusst, bis sie Mark und Blut geworden.

Fühlst du, dass etwas Wahres in all dem hier Gesagten steckt, dann ist der Same der Überzeugung in dich gesenkt… dieser Same, diese Intuition, diese Kraft wird die Arbeit für dich verrichten… du selbst hast relativ weniger zu tun… hauptsächlich nicht zu stören oder andere stören zu lassen. Zuerst wird sich eine allgemeine Tendenz zum Besseren mehr ahnen als spüren lassen… ein allgemeines Lichterwerden des Lebens; ein Hellsichtigerwerden für Gefahren, wiewohl Furcht von dir abfällt, auch die Lust an Gruseligem und Düsterem vermindert sich in dem Maß, als du dir der Macht bewusst wirst, der Freude und des Vorteils, der im immerwährenden Festhalten heiterer, klarer, unschuldiger Ideen liegt. Was ich hier gebe, ist das Schema des zu Denkenden… ausfüllen muss es jeder selbst, so individuell wie möglich, so lückenlos wie möglich. Wer sie erlangt hat, diese Macht – d. h. gelernt, die ziehende Kraft des Gemüts in die rechte Richtung zu bringen (denn nach irgendeiner Richtung wirkt sie ja stets), der nennt zum erstenmal etwas wahrhaft sein Eigen – niemand kann es ihm nehmen – niemand sein ständiges Wachstum mehr hindern als nur er selbst.

Eigentum, das nicht Diebstahl ist… sogar im Marxschen Sinn.

Hat es erst einmal in der rechten Richtung zu arbeiten begonnen: in der Richtung des Erfolgs, der Gesundheit, des Glücks, dann bist du von niemandem mehr abhängig als von dir selbst und dem unendlichen Bewusstsein. Du bedarfst keiner Stütze mehr und fühlst die Kraft in dir, alles zu vollbringen, was immer du dir vorgenommen. Du wirst nicht mehr nach Geld heiraten, nicht mehr auf den Tod reicher Verwandter warten oder dich an Mächtige heranzusnobben brauchen. Auch dein Körper wird stärker, klarer, anmutiger erscheinen, denn du bist jetzt in eine Strömung eingetreten, die dich aus der Sphäre der Krankheit völlig hinauszutragen vermag.

Dauernder Friede und Heiterkeit sind Beweise, dass diese Macht rechte Richtung hält. Leid ist Irrtum.

Gelegentlich mögen Unterbrechungen kommen, Störungen im geistigen Äther – die Kraft versucht in ihr altes Strombett zurückzukehren, vererbter Gewohnheit und Trägheit treu; das sind Rückfälle in die niedere Mentalität, und sie werden im Lauf der Zeit immer seltener und kürzer werden, überströmt von dem Einfluss höherer und höchster Sphären, ist deren Wirkungswelt nur erst einmal der Weg gebahnt.

Auch der Adept des Ostens, der Fakir Indiens, arbeitet mit der „ziehenden Kraft des Gemüts“, nur richtet er sie ausschließlich auf transzendente Ziele jenseits alles Zeitenglücks Ungleich uns, den diesseitigen Menschen, die Wonne und Geist im Fleische durchlebenwollen: Glück als Pflichtempfinden und Anmut als Kult.

Alles Fakirtum aber liegt im Ansammeln von Kräften durch Konzentration, inneren Quellen, doch gespeist von außen her durch die schweigenden Gewalten der Ruhe, Unerschütterlichkeit, Sanftmut und Zuversicht. Und noch in einem stehen wir der östlichen Anschauung nahe: Auch für uns bedeutet Unsterblichkeit wie bei den Indern, im Gegensatz zum landläufigen occidentalen Begriff, „nicht nur die Unzerstörbarkeit durch den Tod als vielmehr die Befreiung von der Notwendigkeit, wieder und immer wieder zu sterben“. Diesem Fluch der Wiederverkörperung sucht der Fakir zu entgehen durch ein Besinnen… ein sich Zurückziehen auf das gestaltlose Prinzip alles Gestalteten in ihm selbst: den Atman, „so dass nach Dahinfallen des Leibes er nicht wie die anderen auszieht, sondern bleibt, wo er ist, was er ist und ewig war, nämlich der Urgrund aller Dinge, für den es keine Vielheit und kein Verschiedenes gibt, der die ganze in Namen und Gestalten ausgebreitete Welt als wesenlos und Blendwerk aus sich heraussetzt wie der Träumer den Traum“ (Vedanta, Deussen). Auch wir lehren die Befreiung von dem Fluch, „immer und immer wieder sterben zu müssen“, doch nicht durch Auslöschung der ganzen dinglichen Welt, die uns ja noch gar nicht verlassenswert, noch gar nicht ausgelebt dünkt, vielmehr indem wir bewusst lernen, die Regeneration: Umverkörperung anstelle der Reinkarnation, der Wiederverkörperung, zu züchten durch die „ziehende Kraft des Gemüts“, denn Regeneration ist der notwendige Schritt in der Linie geistig-leiblicher Entwicklung des Organischen. Schon jetzt ist das Leben, solange es diesen Namen verdient, eine Serie von Regenerationen geworden: Im Lauf von je sieben Jahren erneuern sich ja sämtliche Zellen des Leibes, in dieser Zeit haben wir uns mit einem ganz neuen Körper bekleidet, haben eine ganze eigene Leiche ausgeschieden unddabei das fortlaufende Bewusstsein bei behalten… nicht einmal bemerkt haben wir etwas von der ganzen Sterberei, sprechen immer noch von „dem“ Körper, ohne zu bedenken, dass es schon das komplette dritte, vierte oder fünfte nachgelieferte Exemplar ist, das unser Bewusstsein sukzessive gebildet, benutzt und abgestoßen hat.

Dass diese Umverkörperungen im späteren Alter immer unvollkommener, die neuen Zellen träge und degeneriert sich bilden, ist eine Folge der Stoffwechselzwischenprodukte: der Schlacken, der unlebendigen, die sich zwischen die Zellen, jene edlen Träger des Lebens, eingeschoben haben und sie in ihren Funktionen behindern. Nicht wir sterben – wir werden von den Fremdkörpern in uns „gestorben“ sozusagen. Diese Schlackenbildungen beweisen nur, dass wir noch nicht völlig „lebendig“ geworden, „organisiert“ sind, zeigen, dass wir noch etwas falsch machen, Fehler in den illuminierten, restlos lebendigen, organischen Leib während des Lebens selbst einbauen, Fehler, die jene Rückfälle ins Anorganische (die tödlichen Schlacken), aus dem wir ja entsprungen sind, erst ermöglichen. Das Anorganische, die tiefste Stufe des Bewusstseins, besitzt noch keine Regenerationsfähigkeit: Ein Fels verwittert – Eisen verrostet. Das Organische aber hat mit dieser Fundamentaleigenschaft: dem Baustoffwechsel, bereits den Keim zur Unsterblichkeit des Fleisches in sich entfaltet.

Regeneration bedeutet somit die Verewigung eines sich stets verfeinernden physischen Zellkörpers, in Wechselwirkung wachsend mit und an dem geklärten, gesteigerten Bewusstsein; Reinkarnation bedeutet den völligen Verlust eines noch nicht genügend wandelbaren, daher zerstörbaren Leibes und mit ihm auch der Erinnerung. Was helfen aber tausend Inkarnationen, in denen die Kontinuität des Selbstbewusstseins fehlt… Was hilft eine Unsterblichkeit, von der ich nichts weiß… die sich in lauter Einzelsterblichkeiten auflöst? – Wo das fortlaufende Ich sich nicht wiedererkennt!

Je schwächer und dumpfer der Lebensgeist, desto längere Intervalle waren noch nötig, auf dass er durch Reinkarnation einen materiellen Träger forme, belebe und durchdringe. In dem Maße, als der Geist an Beschleunigung und Macht gewann, wurden sie kürzer… zählten vielleicht nach Jahren wie früher nach Jahrhunderten oder Jahrtausenden. Bei höchster Kraftentfaltung endlich wird der Geist des restlos umverkörpernden statt des wiederverkörpernden Weges sich zu bedienen vermögen (wie er es ja schon jetzt innerhalb des Lebens tut) zur Verewigung und Vollendung des Sinnendaseins…

Denn eine spiritualisierende, eine verfeinernde Kraft hat je und je auf den Planeten gewirkt, hat Wandlungen hervorgebracht, an denen gemessen jene letzte: dauernde Regeneration der Zellen, ohne „atavistische Rückfälle“ in anorganische Schlackenbildung (Tod), viel an Abenteurlichkeit verliert. Man denke, was schon alles aus einem Schleimpatzen geworden ist… je nachdem: ein Adler, ein Elefant oder etwas, das die Neunte Symphonie und den Tristan geschrieben.

Diese spiritualisierende, verfeinernde, unbekannte Kraft, zu der auch die modernste Biologie, nach dem Versagen des Darwinismus, als Neovitalismus zurückzukehren beginnt, arbeitet im Menschen so gut wie in der übrigen Natur – allmählich wandelt sie ihn aus einem Geschöpf der Materie in das des Geistes… trägt ihn durch all seine physischen Existenzen von einem Grad der Vervollkommnung zum andern, hat neue Gewalten, neue Leben, neue Existenzmöglichkeiten für ihn in Bereitschaft… wäre er doch nur nicht gar so bockbeinig, so todversessen, so sehr Rückblickervon Beruf!Die große unbekannte Kraft hat ihm in der Vergangenheit die mächtigen Erfindungen gegeben, hat ihn als Antwort auf seine tiefe äußere Not illuminiert, für die Mechanisierungsmöglichkeiten der Welt hellsichtig gemacht, so dass er plötzlich in Dampf, Elektrizität und allen physikalischen Kräften Bewegungsquellen zu erkennen vermochte, weil ihm eben Kraft und Bewegung zur Überwindung des Raumes, der Nacht und der Kälte auf einmal zwingendes Muss dünkten. Das Erwachen zum Bewusstsein seiner Not ließ ihn „entdecken“, was doch all die Zeit her immer schon rund um ihn gewesen. So hat er durch Mechanisierung der Welt Raum und Zeit äußerlich zu überwinden vermocht. Jetzt bleibt ihm noch übrig, zu seiner tiefsten inneren Not zu erwachen,um mit Hilfe immanenter Wellenzüge, geistiger Vibrationen und Gewalten Zeit, Nacht und Kälte auch an seinem Herzen zu überwinden.

Ist ihm das gelungen durch die „ziehende Kraft des Gemüts“ fallen Stahl, Strom und Dampf dahin, dann bedarf er keiner äußeren Vehikel, keiner mechanischen Organprojektionen mehr, denn neue Kräfte, aus seinem spirituellen Leben geboren, werden ihn eines großen Teils materieller Hilfen überheben. Er wird nicht nur machen, er wird sein, was er will.

Dies immer und immer wieder Umformen des Körpers wird aus den Verwandlungen – aus wechselnden Stadien des Geistes kommen: Umverkörperung aus Vergeistigung – nicht durch Medizinen, Lebenselixiere, überhaupt materielle Manipulationen. Es muss sich der seelische Habitus ändern; dieser veränderte Habitus nimmt dann von selbst neue Lebensgewohnheiten an – von außen allein lässt sich die Unsterblichkeit nicht ins Fleisch hineinleben. Ehe das seelische Niveau es nicht auf ganz natürliche Weise fördert, bleiben äußere Mätzchen und Reformen resultatlos. „Geistige Wiedergeburt! „… All diese Essays handeln ja von nichts anderem, wollen nichts anderes als den Leuten zeigen, was Leben eigentlich erst bedeuten kann, wie das Gedankliche und seine höheren Stufen: das „Seelische“ den Stoff beherrschen, bilden und verfeinern…

Auch Leben und Tod, wie sie einander heute im Organischen folgen, sind ja eine Serie von Regenerationen, nur dass die Methode: „Sterben“ noch eine plumpe, unökonomische, man möchte sagen – unelegante Lösung des Problems der Wandlung darstellt. Regeneriert wird ja das „Ego“ auch, wenn es seinen alten Körper abwirft – das verbrauchte Instrument – weder Ein- noch Ausdrucks mehr fähig. Greis und Greisin haben aber ebensoviel „Geist“ wie früher, doch ist dieser sozusagen von den Sinnesorganen abgeschnitten zieht sich immer mehr von dem unbrauchbar, morsch und dumpf gewordenen Körper zurück, um ihn bald ganz zu verlassen – zieht sich zurück, weil er ihn nicht zu beherrschen vermochte, Jahr um Jahr niedrige Elemente, immer die gleichen verfaulenden Empfindungen in ihn strömen ließ… ihn aus seinen eigenen Exkrementen aufzubauen versuchte. Das ist der Degenerationsprozess innerhalb des Lebens von heute; Ursache verwesender Sinne und des Todes.

Ein erleuchteter Geist – ein stärkerer, ein vorgeschrittener, wird Mittel und Wege finden, den Körper mit neuem Fluidum zu durchdringen, auf das er, als idealer Träger des Geistes zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem, den Mittler bilde.

Vom Leben scheiden wir ja nicht durch den bloßen Verlust physischer Existenzform – aber eine Art des Lebens verlieren wir… und wie Emerson sagt: „In dieser Art haben wir halt nichts Besseres“ (we have nothing better in the same line).

Wir verlieren im Tod jene Serie von Sinnen, die wir irdisch nennen. Wir verlieren die Fähigkeit, im nahen Konnex mit den Sinnendingen zu leben, und wahrscheinlich ist ein entkörperter Geist der Sehnsucht voll nach ihnen und wird versuchen, mit der Körperwelt in Kontakt zu bleiben oder wiederzugelangen durch jene hindurch, die im Körper sind… die er beherrschen oder beeinflussen kann. Alle Menschen sind solchen psychischen Einflüssen… solchen Vergewaltigungsversuchen aus dem Unsichtbaren herüber, ausgesetzt.

Nach Art unserer eigenen Aspirationen ziehen wir nun verschiedenartige freie Psychen an. Wer sich gegen Kühnes und Feines sperrt, alles Ungewohnte als „lächerlichen Unsinn“ ungeprüft ablehnt, ruft und ermutigt ein „Besessensein“ von Geistern, so unwissend wie er selbst… von „unregenerierten“ Geistern, die durch die gleiche Unwissenheit Körper auf Körper verloren haben und noch Körper auf Körper verlieren müssen, bis auch sie endlich in die unausbleibliche Rotation allgemeiner Vervollkommnung hineingezogen werden! Warum sollte die lebendige Entelechie außerhalb des Körpers plötzlich gescheiter sein als in ihm? Hört denn ein Dieb auf, ein Dieb zu sein, weil er seinen Überzieher ausgezogenhat? – Ein ultravioletter Fallot eben, nichts weiter… und auch an unkörperlichen Idioten dürfte kaum Mangel sein.

Wie in dem Essay: „Das Mysterium des Schlafes oder Unsere doppelte Existenz“ ausgeführt wurde, haben wir zwei Serien von Sinnen: körperhafte und dann „jene feineren spirituellen, die wir alle im Embryo besitzen und von denen Gesicht, Geruch, Gefühl, Geschmack, Gehör des physischen Körpers nur rohe Abbilder sind“. Während des Wachens leben wir unsere Körpersinne… im Schlaf die spirituellen. Erst, wenn diese zweierlei Leben einander richtig zu durchdringen, gleichsam zu ernähren vermögen, dann entsteht jener ideale Austausch von Vitalität und Geistigkeit, auf dem Vollkommenheit einzig ruhen kann und muss.

Dies künftige Leben bedeutet, sich beider Serien von Sinnen: der vitalen und psychischen gleicherweise bedienen können – gleichzeitig in beiden Welten sein.

„Lohn der Sünde ist der Tod“, meint die Bibel. Wir meinen lieber, das Resultat unvollkommenen Lebens sei der Tod. Die Körper der zitternden, runzligen, schwachen Menschen sind fleischgewordene Unwissenheit… Falsch denken war ihre Sünde…. aus den Gedanken, die er in sich zieht, bildet der Geist erst seinen spirituellen Leib. Der irdische Körper ist die materielle Korrespondenz dieses spirituellen Leibes. Lebt der Geist in Irrtum, so baut er diesen Irrtum in den Körper ein. Verfall ist die Folge.

Kein Vorwurf soll aber jene treffen, die also leiden. Auch sie haben hinaufgelebt zu allem Licht und Wissen, dessen sie eben fähig waren. In irgendeiner Form von Existenz wird mit steigender Entwicklung auch ihr Wissen wachsen. Jede Runzel ist ein sichtbar gewordener Irrtum. Wir alle sind „Bildnisse des Dorian Gray“.

Die Charitas entspricht der Erkenntnis, dass alle Menschen „ihr Bestes“ leben, das unendliche Bewusstsein allein kann es „bessern“ in ihnen und in uns. Lassen wir daher die Fehler der anderen in Ruhe, verlangen wir aus tiefster Not nach Erleuchtung, Irrtümer zu sehen und zu verneinen, das allein wird uns und anderen helfen.

Mit welcher Vielfalt organischer und organisierter Stoffe bauen wir unseren Körper auf, und mit wie wenig Gedanken soll der Geist am Leben bleiben?

Immer die paar alten Vorurteile wiederkäuen!

Das Gesetz ewigen Lebens aber verwirft diese endlosen Wiederholungen. Es sagt: Du bist nicht geschaffen, in ausgefahrenen Geleisen fixer Ideen hin und her zu pendeln. Du hast nicht als John Brown oder John Smith, ohne Wechsel wie ein Meilenstein, in der Ewigkeit zu liegen. Mit deinem John-Browntum, mit deinem John-Smithtum allein diese Ewigkeit ausfüllen wollen, nein, mein Lieber, daraus wird nichts. Du sollst einen neuen Geist in diesem Abschnitt haben und einen überlegenen mit gesteigerten Mächten der Perzeption im nächsten Abschnitt. Mit der „ziehenden Kraft des Gemüts“ sollst du dich durch immer neue Individualitäten hinaufleben… zu allen „Ich“ sagen können, verwandelt werden mit Hilfe der Regeneration in sukzessive Typen des Seins – jede klarer als die letzte – jede feiner als die letzte. Magst du, an der lückenlosen Kette der Bewusstheit dich zurückfühlend, ganz dort hinten zum Herrn John Brown oderJohn Smith dann immer noch „ich“ sagen – es sei dir unbenommen; de gustibus…

Umverkörpertes Leben im Physischen heißt bewusst gesteigertes Leben.

Heißt: in jeden neuen Tag mit frischeren Fähigkeiten hinein erwachen, alles immer wieder zum erstenmal sehen. Das Wunder des eigenen Atems pflegen und genießen; stillsitzen können voll lebendiger Ruhe und sich unaufhörlich freuen. Im großoffenen Herzen die Seele der Bäume, Ströme, Tiere und Blumen… aller reinen Formen des unendlichen Bewusstseins leben spüren. Es heißt, die Talente in sich bis zur Genialität wachsen fühlen; jubeln in der Zuversicht, alle Möglichkeiten und Entwicklungen immer noch vor sich zu haben, so dass die Nachfreude am Erreichten stets mit der Vorfreude am Erwarteten an einem hohen Mittag ohne Ende zusammenfließen. „Magie“ wird aus einer noch unerreichbaren Intensität der Freude entstehen. „Magie“, als der heute noch latenten Kraft im Menschenherzen, Gedanken von solcher Gewalt aus sich zu zeugen, dass das Gewünschte in der dichteren Substanz der Dinge sich als ihr materieller Niederschlag bilden muss. Entzückung ist etwas Substantielles: etwas ent-zückt uns … zuckt aus uns heraus als Strahl und Kraft.

Aus allem Vergnügen ziehen heißt, aus allem Leben ziehen. Aus allen Dingen Leben gewinnen aber heißt, Macht gewinnen. Macht: Beherrschung physischer Bedingungen, Beherrschung und Erhaltung des ewig erneuerten stofflichen Leibes.

Langweile ist eine Erkrankung. Nicht wissen, was man mit sich anfangen soll, dasitzen und seine eigenen Gedankenexkremente immer wieder in sich hineinatmen, bis alles verbraucht, plan erscheint vor Ichvergiftung. Versuchen, die Zeit totzuschlagen… also das Leben totzuschlagen – wer das vermag, hat zeitweilig die Verbindung mit der großen Quelle verloren – seinen Kontakt mit dem unendlichen Bewusstsein. Das ist die schwerste „Erkrankung“, die es gibt. Der alte Salomo war nicht weise… aber schon gar nicht weise, als er sein „Alles ist eitel“ aussprach. Mit einem Harem voll junger Mädchenkörper ist es nicht getan, vom geistigen Fluidum der Jugend absorbieren können, nur das verjüngt. Wer dem unendlichen Bewusstsein durch Hingebung und Gebet verbunden ist, auf den werden alle lebendigen Dinge immer wieder jungfräulich zu wirken vermögen.

Die Regeneration des Körpers kommt auch aus dem Mut! – Das Wagnis auf sich nehmen – völlig dem unendlichen Bewusstsein sein Schicksal anvertrauen! Manche versuchen es bisweilen, kaum scheinen aber die Dinge ein wenig dunkel, wird wieder zu den alten ausgeleierten materiellen Methoden, Übel abzuwenden, gegriffen.

Restloses Vertrauen und mit ihm eine ganz neue Welt der Ursachen und Wirkungen ist jedoch erreichbar – ist sie erreicht, so werden die Menschen mehr als Sterbliche sein. Wer restlosen Mut hat, wird regeneriert werden.

Mancher Leser denkt vielleicht: Was habe ich mit dem allem zu tun? Das mag wahr sein… oder auch nicht. Jedenfalls ist es viel zu weit weg – zu vage. Ich brauche etwas, das mir jetzt hilft – denn übermorgen ist zum Beispiel der Zins fällig, und da soll ich mich noch hinsetzen und „unsterblich werden“ üben.

Diese Idee der Regeneration aber ist schon heute ein Segen für jeden, der sie als lebendigen Samen in sich auch nur dulden will und kann. Von selbst wird sie nie mehr ganz aus ihm verschwinden, vielmehr als winziger Keim einer seligen Magie vielleicht monatelang im Unterbewusstsein unbemerkt wirken, immer mehr Raum einnehmen und dabei sanft und leidlos die Art des Gemüts verwandeln – sozusagen die Farbe der Gedanken -, die werden sich auf einmal ganz allein trauen, rosenrot zu werden – und schließlich auf die Ereignisse der Umwelt abfärben. Wie von selbst gleitet es sich in die Linie des regenerierenden Prozesses hinein. Schon sie allein ist etwas so Gesegnetes, von solcher Wohltat, dass ihr zu folgen, wachsende Lust wird bei jedem Schritt, mag auch ihr Ende für das eine kleine Leben noch nicht abzusehen sein. Doch was immer auf ihr geschieht – nichts ist vertan.

Die hohe Kunst des VergessensInhaltsverzeichnis

 

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