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Wir glauben, dass die Unsterblichkeit im Fleische möglich ist, das heißt, dass ein Körper so lange behalten werden kann, wie der Geist ihn zu gebrauchen wünscht, und dass ferner dieser Körper, statt im Lauf der Zeiten zu verfallen, sich in einer erneuten Jugend zu regenerieren vermag.

Wir glauben, dass die Mythen der Kulturvölker, die von „Unsterblichen“, das heißt, von Wesen handeln, die über höhere Kräfte als das Geschlecht der „Sterblichen“ gebieten, auf irgendeinem wahren Kern beruhen. Diese neuen Möglichkeiten einer Unsterblichkeit im Fleische fließen aus dem Gesetz, dass jedem inbrünstigen, unverrückbaren und dauerden Wunsche der Menschheit irgendwann Erfüllung werden muss! Der Schrei nach Leben schwillt aus der Dumpfheit an, in dem Maße, wie die Massen die hohen und feinen Freuden und Erkenntniswerte des Daseins kennenlernen, in dem Maße, wie die Menschen für die Vielfalt ihrer Ziele das Leben als viel zu kurz empfinden!

Der Leib aber wird nur neue Lebensimpulse durch eine Reihe spiritueller Prozesse erlangen, deren jeder ihn zu einem flexibleren und verfeinerteren Instrument und Träger machen wird, an dem gedankliche Einflüsse sich immer leichter manifestieren können. Die Prozesse erhalten nicht den Körper, den ein Individuum heute haben mag, – sie erhalten einen Körper, dessen Teile sich in ewigem Flusse, gleich dem höchst geistigen Äther, der sie formt, verwandeln! Dieser einende Wille, dieser Wunsch, dies Gebet wird über die Zufälligkeiten des Tages hinweg den neuen notwendigen Leib formen! Jetzt häufen wir bewusst und unbewusst Todeskeime in den Körper hinein, jeder Atemzug ist ja getragen und beschattet von dem „Wissen“ um das Altern, von dem Glauben an den Verfall, – Überzeugungen aber materialisieren sich in Fleisch und Blut! Der Glaube an die Möglichkeit stets sich erneuernden Lebens bringt dieses Leben!

Mit dieser Regeneration muss also wohl ein Abwerfen verbrauchter Teile Hand in Hand gehen, – große „Mauser“-Perioden, wie sie das Tierreich kennt.

In verschiedenem Grade hat die organisierte Materie an der Lebensenergie teil; auch auf die einzelnen Menschen verteilt sie sich verschieden, der fortschreitenden Entwicklung gemäß aber wird es bald Individuen geben, die von diesem ewigen Strome so durchpulst scheinen, dass sie die Möglichkeit der Regeneration zu erkennen vermögen, und mit ihr ganz neue Perspektiven für ihre Existenz.

Wenn neue Ideen aus unserem inneren Selbst geboren werden, ist immer ein niederer Teil in uns, der sie bekämpft! Der Körper ist das Schlachtfeld dieser Meinungen und leidet infolgedessen. Gelingt es dem Körper auch nur zum geringen Teil, den Glauben an die unendliche Kraft sich anzueignen und einzusehen, dass physische Gebrechen und physischer Tod keine ewigen Notwendigkeiten sind, so muss das Höhere siegen! Ein alter Fehler nach dem anderen wird abgestoßen; eine neue Erkenntnis nach der anderen bricht durch; aus jedem folgenden Kampfe wird der Leib stärker hervorgehen, bis die Krämpfe und Krisen selbst immer schwächer werden, um endlich dauernder Serenität zu weichen.

Die Menschen haben bis jetzt ihre Leiber verloren, weil sie nicht wussten, dass auch Krankheit eines der Mittel ist, durch das alte materialisierte Gedanken abgeworfen werden, um neuen die Bahn frei zu geben; und eben weil sie dies nicht wussten, wandten sie ihre Kräfte falsch an, um das Alte künstlich zurückzuhalten. Sie halten es durch ihren Glauben zurück! Der Glaube ist es, durch den eine Krankheit zum Verderben oder zum Tode ausschlägt! Wer sich dahin bringen kann, in der Krankheit ein Mittel zu sehen, altes, verbrauchtes Material aus dem Organismus zu schaffen, unterstützt damit die Arbeit des Geistes ungemein. Wer aber in der Krankheit nur ein Übel sieht, lädt eine drückende Last von Irrtum auf sich, die in seinem Fleisch und Blut sich so lange manifestieren wird, bis dieses nicht mehr befähigt erscheint, überhaupt Träger des spirituellen Ego zu sein.

Mit Hohn die Vorstellung von sich zu weisen, dass der Leib durch immer erneute Umwandlungsprozesse dauernd erhalten werden kann, heißt eine Türe zum Leben verschließen und das Tor des Todes freiwillig weit aufreißen.

Wir dekretieren hier nicht: Man „sollte“ so und so glauben! Viele sind jetzt geistig derart veranlagt, dass sie solches eben nicht zu glauben vermögen! Es wird viele Dinge in Zukunft geben, die heute noch keiner zu glauben die Kraft hat. Wir können aber, wenn das Unmögliche wünschenswert ist, einen Glauben erbitten, der uns die Gründe liefern wird für das, was wir zu glauben wünschen; in dem Maße, wie wir ihn erbitten, kommt dieser Glaube.

Gläubigkeit ist die intuitive Kraft, eine Wahrheit zu empfinden, die unsere rein mentale Sphäre noch nicht erreicht hat. Diese Gläubigkeit war in Columbus, da er die Existenz des neuen Weltteils behauptete; sie ist in jedem, der an seinen Stern glaubt, und repräsentiert eine wirklich lebendige Macht im Menschen, die ihn auf unbegreiflichen Wegen zu seinem Ziele trägt. Wer um Glauben, um Möglichkeiten betet, die ihm selbst noch fremd und ungeheuerlich erscheinen, betet zugleich um die Fähigkeit, Gründe für die neue Wahrheit zu entdecken. Wer unverrückbar fest nach Wahrheit und nur nach Wahrheit verlangt, wird sie erhalten, und die ganze Wahrheit bedeutet die Macht, scheinbar Unmögliches zu vollbringen.

Kein Mensch kann völlig, ganz und für immer von Übel befreit werden (das heißt: die Unsterblichkeit im Fleische erlangen), der nach einer anderen Stütze für seinen Glauben sucht als dem unendlichen Bewusstsein. In diesem Sinne muss jeder Geist völlig in sich ruhen! Niemand kann höchste Kraft in sich ziehen, der von anderen abhängig ist, er wird auf diese Art nur fremden Glauben entleihen oder absorbieren. Das mag ja zuzeiten Wunder wirken, ist aber doch auf Sand gebaut. Nur von der lebendigen Quelle in uns selbst ist keine Trennung möglich, sie wächst in uns, für uns, da ein Ewiges sie speist.

Das beste Gebet wird bewusst und unbewusst stets sein: „Möge mein Glaube stetig wachsen.“ Wer seine geistige Attitüde Krankheiten gegenüber insofern verändert, dass er sich daran gewöhnt, sie als ein Mittel des Geistes zu betrachten, alte Irrtümer – „Gedenksünden“ – abzuwerfen, die sich, von frühester Kindheit an absorbiert, im Fleische manifestiert haben, hört auf diese Weise langsam auf, sich mit neuen Irrtümern zu beladen. Er beginnt im Gegenteil abzuladen und alle frühere „Gedankenangst“ aus sich hinauszutreiben. Die gefährliche Krankheit, die man vielleicht vor Jahren gehabt hat, hat die Erinnerungen an eine bestimmte Furcht zurückgelassen und mit der Furcht auch den irrigen Glauben, der ihr zugrunde liegt. Dieser Irrtum, die falsche Zwangsvorstellung von Furcht schlechthin, muss als Erinnerung alle die Jahre schädigend auf den Körper eingewirkt haben.

Sie ist ein lebendiger Teil des Ichs geworden, wie alle Erinnerungen und Erfahrungen lebendige Glieder unseres Seins sind.

Und alle diese oft unbewussten Erinnerungen nähren den alten Wahn, Verfall und Tod könnten nimmer besiegt werden! Wird nun die geistige Attitüde völlig verändert, so tritt ein Exorzismus ein! Die geistigen Abszesse fließen aus, ein Vorgang, der seine Wirkungen auch im Fleische zeigen muss. Irgendwie werden die alten Leiden und Krankheiten, deren schreckhafte Erinnerungen so schön aufgespeichert waren, wiederkehren, in einer abgeschwächteren Form, – als Katharsis: als Austreibung der alten Irrtümer! – Wer aber seine geistige Attitüde nicht von Grund aus in dieser Weise umkehrt, der lädt sich mit jeder neuen Krankheit auch eine neue Erinnerungslast auf, wieder einen Irrtum, eine Unwahrheit mehr, bis er schließlich unter der Last zusammenbricht, die sein Organismus nicht mehr zu bewältigen vermag.

Es gibt keine Periode, da es zu spät wäre, umzulernen und der Wahrheit teilhaftig zu werden. Jederzeit wird eine Wahrheit ihre Wirkungen im Fleische beginnen; wenn auch vielleicht dieser eine Leib nicht mehr das höchste Ziel erreicht, – verloren war die Kraft nicht; sie wird dem Geiste auf der unsichtbaren Seite helfen, einen vollkommeneren Leib zu bauen für ein neues Leben.

Wer an dem Irrwahne festhält, die Menschheit müsse – wie bisher, so auch in alle Ewigkeit – ihren Körper verlieren und ohne Macht bleiben, Krankheit und Verfall zu hindern, – der setzt seinen Glauben der Tatsache entgegen, dass auf dieser Erde alle Dinge ein Vorwärtsschreiten zu größerer Feinheit, höherer Macht, kühneren Möglichkeiten sind!

Was bückt die Schultern und bleicht die Häupter! – Dies zähe Hängen an der Vergänglichkeit, dieser fanatische Glaube an den Staub, das Erwarten des Verfalles. Beladen wird der Geist mit Tod, bis er zusammenbricht!

Ein verjüngter, verschönerter, ein blühender Leib bedeutet eine Seele, die glänzt von neuen Ideen, Hoffnungen, Plänen, Zielen und auffliegendem Verlangen. Das ewige Leben ist nicht der halbe Tod des reifen Alters.

Doch so sehr herrscht in dieser Rasse der Glaube an Schwachheit und Verfall vor, dass sie die Weisheit allegorisch nicht anders darzustellen weiß als in der Gestalt eines Greises, grau, kahl, auf einen Stab gestützt! Also eine Weisheit, die nicht einmal sich selbst vor dem Verfall zu bewahren versteht.

In dem Maße, wie die Sensitivität steigt, wird sich ein instinktives Abwenden von allem, was sichtbar oder unsichtbar schadet, geltend machen! Zu- und Abneigung wird durch alle Sphären bis zur Hellsichtigkeit wachsen. Diese wird schädliche Menschen und schädliche Gedanken wie durch Reflexbewegung abstoßen.

Wie der Glaube steigt, kommen von allen Seiten materielle Dinge dem Regenerationsprozess zu Hilfe, in Form von Nahrung, von veränderten Gewohnheiten und Umgebungen.

Doch der Geist ist es, der dies alles lenkt, – es wird nicht möglich sein, ihm nicht zu gehorchen; schädliche Nahrung kann nicht mehr verdaut, schädlicher Verkehr nicht mehr unterhalten werden, alle Hindernisse sterben leicht und von selbst in ihren Wurzeln ab.

Wer aber in allen diesen Dingen versucht, selbst strenge Regeln aufzustellen, in der Hoffnung, sich dadurch zu spiritualisieren, erlaubt seinem materiellen, niederen Intellekt, die Sache in die Hand zu nehmen. Dieses niedrigere Selbst versucht dann der Intuition, dem Höchsten im Menschen, Gesetze vorzuschreiben. Nein, die am Glauben wachsende Intuition soll das Werk vollbringen; wenn es dann zum Beispiel für das materielle Ich an der Zeit ist, tierische, also grobe Nahrung aufzugeben, wird im gleichen Augenblick auch das Verlangen darnach verschwunden sein.

Da wir uns zu dem Glauben an eine Unsterblichkeit im Fleische bekennen, behaupten wir aber noch nicht, dass sie einem der gegenwärtig Lebenden erreichbar sei! Aber auch nicht, dass sie unerreichbar sei! Ebensowenig dringen wir darauf, die Menschheit solle sich in irgendeinem physischen Sinne sogleich „ans Werk machen“, um unsterblich zu werden. Wir vertreten nur die Meinung, dies alles müsse am Ende früher oder später als natürlicher Ausfluss jener Kraft kommen, die, vom Gröberen zum Feineren fortschreitend, die Wesen dieser Erde vergeistigt.

Die heilende und regenerierende Kraft des FrühlingsInhaltsverzeichnisDer Unfug des Lebens - Einführung

 

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